Herr von Lobenstein, welche Erfahrungen haben Sie aus den anderthalb Jahren vor Ihrem Einstieg bei Aimaq von Lobenstein mitgenommen? Sie hatten sich ja selbstständig gemacht…

Lobenstein. Die wichtigste Erfahrung war, den eigenen Fokus mal für eine Zeit auf die rein markenstrategische Arbeit für Kunden auszurichten. Und sich damit mit ganz anderen Fragestellungen rund um die Marke bis rein in Vertriebs- und Innovationsthemen zu beschäftigen. Fast ebenso wichtig war die intensive Beschäftigung mit Social Media als strategischer Option für die Markenführung heute und in der Zukunft. Da bin ich regelrecht in persönliche Goldgräberstimmung geraten. Und am Ende stand die Erkenntnis, dass mir all das eine großartige Lernkurve beschert hat, ich die aber gern mit einer Mannschaft geteilt hätte, bzw. die gegenseitige Inspiration dabei vermisst habe.

Was ändert sich in Ihrer neuen Agentur durch Ihren Einstieg, Herr von Lobenstein – vom Agenturnamen einmal abgesehen?

Es gibt nach wie vor zwei Inhaber. Wir haben nach wie vor den Anspruch, für unsere Kunden Creative Brand Consultants zu sein. Wir sind nach wie vor stolz auf unsere Konsequenz im Denken und Handeln. Wir werden uns in unserer Aufstellung nach wie vor an den Bedürfnissen unserer Kunden und ihrer Kunden ausrichten. Wenn Veränderung, dann als Weiterentwicklung dieses eingeschlagenen Weges!

Was hat sich konkret für Sie verändert, seit Sie sich nicht mehr als Werbeagentur, sondern als „Creative Brand Consulting“ verstehen?

Aimaq Konkret verändert hat sich unser Anforderungsprofil an Mitarbeiter sowie deren Coaching, teilweise gibt es neue Positionen aber auch strukturelle Dinge sind an unsere Arbeitsweise angepasst worden. Da ist allerdings nicht über Nacht passiert, sondern war Teil einer langfristigen Entwicklung, übrigens lange bevor wir dann auch die Unterzeile „Creative Brand Consulting“ unserem Namen hinzugefügt haben. Wir haben eben schon immer sehr ganzheitlich für unsere Kunden gearbeitet

Herr Aimaq, wünschen Sie sich nicht manchmal, Sie wären bei Ergo in den letzten Wochen/Monaten für die Krisen-PR verantwortlich gewesen? Wäre bestimmt besser gelaufen…

Das sagen Sie. Die Situation bei so einem Shitstorm ist für niemanden einfach zu bewältigen, man ist ja ganz schnell an dem Punkt, wo einem alles negativ ausgelegt wird und die Dinge durch das Netz eine zusätzliche Eigendynamik, jenseits aller Sachlichkeit bekommen. Interessant fand ich dabei, dass vereinzelte Medien hier eine regelrechte Hetzjagd veranstaltet haben und sich kaum einer für die Geschichte hinter der Geschichte zu interessieren schien. Vergangene Woche war nun immerhin zu lesen, dass die Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen drei Personen wegen Verdachts auf Erpressung des Ergo-Konzerns ermittelt.

Sie stehen mit der Ergo-Dachmarkenkampagne auf der Effie-Shortlist. Eine Genugtuung nach all den Negativ-Schlagzeilen rund um Ergo?

Natürlich. Vor allem auch, weil sich die Jury offenkundig mit den Fakten beschäftigt hat. Die Einführung der Marke war ein beispielloser Erfolg, sowohl nach innen, als auch nach außen. Und das Ganze in einem sehr engen Zeitkorsett. Unser Ziel, die Erzeugung von Markenpräferenz wurde übererfüllt. Obwohl Ergo gar nicht so bekannt ist, wie die seit Jahrzehnten etablierten Vorgänger, hat die neue Marke in wesentlichen Teilen des Funnels aus dem Stand heraus wesentlich bessere Werte erreicht. Ergo war Anfang des Jahres auf Platz drei der vertrauenswürdigsten Versicherungen Deutschlands und hat Einzug gehalten in den Kreis der „Worlds 500 most valuable brands“.

Ihre Kampagne hat die noch junge Marke Ergo sehr, sehr bekannt gemacht. Die Erreichung anderer Kampagnenziele könnte aber durch die Negativ-Schlagzeilen gefährdet werden, oder etwa nicht?

Die Markenbekanntheit ist gerade für eine neue Marke wie Ergo ein wichtiges Ziel. Und da sehen wir, dass sowohl die Kampagne in 2010 als auch die aktuelle hervorragend funktionieren. Aber nicht nur in Bezug auf Bekanntheit: die Kampagne liefert auch für unsere relevanten Markenwerte sehr gute Arbeit. Natürlich leidet die Marke unter den aktuellen Berichterstattungen, aber das ist für uns Ansporn, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen.

Herr von Lobenstein, aus welcher Branche würden Sie sich unbedingt noch einen Blue-Chip-Kunden für AvL wünschen?

Nicht für was für eine Marke/ein Unternehmen man als Agentur arbeitet, sondern für wen man dort arbeitet, entscheidet darüber, ob man jeden Tag bereit ist, die Extrameile Leidenschaft und Herzblut zu gehen. Und genau dann und nur dann entstehen auch entsprechend merkwürdige Arbeiten. Also Arbeiten, die es würdig sind, sie sich zu merken. Klasse Arbeit ist das Ergebnis einer klasse Beziehung zwischen Kunde und Agentur. Und nicht zwischen Blue-Chip-Marke und Agentur. Die entsteht als Folge davon. Das Fundament einer solchen Beziehung ist einerseits Vertrauen des Kunden in die Leistungen einer Agentur. Vertrauen darin, dass Kreativität nicht beim Abliefern klassischer Werbung aufhört, sondern, richtig angewandt, von der Strategie- bis in die Produktentwicklung wirklich werthaltige Beiträge zum Wert einer Marke in den Köpfen und Herzen ihrer jeweiligen Zielgruppe liefern kann. Und damit schlussendlich auch für betriebswirtschaftliche Wertsteigerung sorgt. Dieses Vertrauen müssen sich Agenturen Tag für Tag, Projekt für Projekt, Idee für Idee erobern, bzw. zurückerobern.

Unsere Traum- oder Lieblingskunden waren, sind und werden also immer die sein, die unsere Kreativität, unsere Talente für alle Facetten ihrer Marke einfordern. Weil sie uns vertrauen, tatsächlich zum Wert ihrer Marke beizutragen!

Vor kurzem haben Sie den Freixenet-Etat gewonnen. Ist bereits weiteres Neugeschäft in Aussicht? Wenn ja, geht es schon etwas konkreter?

Ja. Und nein! Mit Vorab-Getrommel haben wir es nicht so. Lassen Sie sich einfach überraschen....


Autor: Markus Weber

Markus Weber ist seit 20 Jahren Mitglied der W&V-Redaktion. Als Nachrichtenchef ist er für die aktuellen Themen auf wuv.de zuständig. Darüber hinaus ist er innerhalb der Redaktion der Themenverantwortliche für "CRM & Data". Aufgewachsen ist Markus auf einem Bauernhof im Württembergischen Allgäu. Mit fünf Geschwistern.