Versucht der Club nicht einen gefährlichen Kurs? Einerseits die ADC-Mitglieder im Boot behalten zu wollen, andererseits neue Zielgruppen anzusprechen?
Wir haben nicht vor, zum Wirtschaftsclub zu werden und werden auch nicht unsere Mitgliederstruktur komplett ändern. Aber wenn man mit Hilfe des Kongresses, der Ausstellung und der Gala auch in andere Branchen hineinkommt, kann das nur für jeden positiv sein. Klar finden sich bei 600 Mitgliedern immer drei oder vier, die kritisieren, der ADC sei nicht mehr so witzig und locker wie früher. Mag alles sein. Aber wenn der ADC als die sichtbarste Marke im Bereich der Kreativität sich auf die Fahnen schreibt, nur Kreative zum Verbrüderungsumtrunk einzuladen, dann haben wir etwas falsch gemacht.

Im Wettbewerb dominieren immer noch klassische Medien. Aber sie sind rückläufig. Muss man nicht den Wettbewerb neu aufstellen, um auch Produkt-Innovationen oder technologische Neuerungen zu bewerten?
Es wird eine Grenze geben, wie viele Kategorien ein Wettbewerb verträgt. Auf der anderen Seite ist es in einem diversifizierten Markt notwendig, einzelne Medien in Bezug auf ihre jeweilige Ausrichtung in ihrem jeweiligen Umfeld anzuschauen. Der ADC hat daher g Ganzheitliche Kommunikation als Königsdisziplin eingeführt. Wenn man sich die Gewinner der letzten Jahre ansieht, so haben die Arbeiten am höchsten gepunktet, die unterschiedliche Kanäle bespielt haben. Wichtig ist es für den ADC nicht, den Wettbewerb zu verändern, sondern andere Kanäle zu nützen, um das komplexe Thema Kommunikation zu erklären. Da können wir noch nachlegen.

Das heißt konkret? Neue Kongresse, Vorträge?
Wo wir sicher Nachholbedarf haben, ist unsere Website. Wir haben als ADC ein gigantisches Reservoir an Wissen über Kreativität. Wir haben zigtausende von Kreativarbeiten archiviert, Trends, die wir auswerten können. Damit gehen wir zu wenig in die Öffentlichkeit. Ich glaube, der größte Konkurrent des ADC-Wettbewerbs ist nicht irgendein anderer Wettbewerb, sondern beispielsweise Blogs. Es ist für uns sehr wichtig, dem Nachwuchs in der Branche bewusst zu machen, dass es zwar eine tolle Sache ist, wenn eine Arbeit in einem Blog besprochen wird, aber dass es sich dann in der Regel um eine Einzelmeinung handelt. Dem ADC kann und wird es in Zukunft gelingen, mit der geballten Power von 350 Top-Juroren Arbeiten zu bewerten. Aber die und die Learnings daraus, müssen wir auch über andere Kanäle zugänglich machen. Das wird uns in den kommenden Monaten ebenfalls beschäftigen, neben dem großen Thema, wie Kreative mehr Einfluss in der Wirtschaft gewinnen.

Solange es nicht bewiesen werden kann, wie Kreativität wirkt, dürfte das schwer fallen. Sind von ADC-Seite Studien zu dem Thema geplant?
Wir werden sicher kein Kreativitätsbarometer einführen. Die beste Studie für Messbarkeit von Kreativität ist der ADC Wettbewerb. 350 kompetente Juroren beurteilen über 8000 Exponate. Am Ende werden fünf Prozent mit einem Nagel ausgezeichnet. Das ist eine gigantische Selektion. Andere Maßstäbe sind vielleicht eher auf intellektueller Ebene zu setzen, beispielsweise durch Kongressformate, einen stärkeren Dialog mit der Wirtschaft.

Das klingt sehr unverbindlich.
Wir werden einen weiteren Kongress durchführen. Und wir wollen das ganze Jahr über Impulse setzen – nachdem wir das Stadium „der ADC diskutiert mit sich selbst, über sich selbst“ erfolgreich abgeschlossen haben. Außerdem sind wir dabei, das Festival neu auszuschreiben. Auch in diesem Kontext gibt es Möglichkeiten, an der einen oder anderen Schraube zu drehen. Man kann beispielsweise Dinge, die auf eine Woche konzentriert sind, entzerren. Wir werden jedenfalls in den nächsten Wochen Spannendes erzählen können.

Mehr zum diesjährigen ADC-Festival lesen Sie auch im aktuellen Heft (W&V Nr. 19/2012).