JWT-Personalerin:
"Keine Meinung haben": Der Haken bei vielen Agentur-Bewerbern
Im Rahmen einer Serie stellen wir die Recruiting-Chefs der Agenturen vor: Worauf achten sie beim Persönlichkeitsprofil von Bewerbern? Wie lockt man die besten Leute? Was sind die häufigsten Fehler der Bewerber? Heute mit Annette Endrass von JWT.
Im Rahmen einer W&V-Online-Serie stellen wir die Recruiting-Chefs der Agenturen vor: Worauf achten sie beim Persönlichkeitsprofil von Bewerbern besonders? Wie lockt man die besten Leute? Was sind die häufigsten Fehler der Bewerber? Heute steht Annette Endrass, Human Resources Director Germany bei der Networkagentur J. Walter Thompson, Rede und Antwort.
1. Wie wird man Human-Resource-Manager bei J. Walter Thompson?
Bei J. Walter Thompson kümmern wir uns um die Menschen und deren Bedürfnisse von A bis Z. Neben Recruiting, Personalentwicklung, internationalem Austausch, rechtlichen Fragen und Budgetplanung spielt daher vor allem ein Gespür für Talente, Leidenschaft und Empathie eine sehr große Rolle. Eine fundierte Ausbildung hilft da natürlich ebenso wie vorangegangene Agenturerfahrung.
2. Wie lockt man die besten Leute? Mit einem attraktiven Kundenportfolio oder mit Top-Gehältern?
Das Gesamtpaket muss stimmen. Natürlich ist das Gehalt genauso wichtig wie die Struktur. Eine offene und transparente Unternehmenskultur wird ebenso geschätzt wie attraktive Kunden, der gute Umgang miteinander, die persönlichen Perspektiven und insbesondere die individuelle Weiterbildung.
3. Spielt Geld heute eine wichtigere Rolle als früher?
Die Vergütung muss von allen Beteiligten als angemessen angesehen werden und zur Struktur passen. Mindestens ebenso wichtig für unsere Mitarbeiter sind flexible Arbeitszeiten, ein gutes Arbeitsumfeld, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie ein respektvoller Umgang mit der Freizeit der Mitarbeiter.
4. Worauf schauen Sie besonders beim Persönlichkeitsprofil von Bewerbern?
Wir legen Wert auf Authentizität. Aus dem Profil sollten die Erwartungen und die Motivation der Bewerberin oder des Bewerbers ablesbar sein. Welchen Anspruch haben die Bewerberinnen und Bewerber an die Arbeit bei J. Walter Thompson? Passen die Vorstellungen und Kulturen zusammen? Zeigen die Bewerber Eigeninitiative und wollen sie Verantwortung übernehmen? "Brennen" sie für den Job?
5. Was sind die häufigsten Fehler von Bewerbern?
Sich im Vorfeld nicht über die Agentur zu informieren, keine Meinung zu haben und nicht neugierig zu sein. Uns interessiert, welche Ziele die Bewerber haben und was sie bei uns erreichen wollen. Wir wollen erfahren, was wir von den Bewerbern erwarten können. Es muss ein offenes Gespräch entstehen, damit jede Seite ausloten kann, ob es passt.
6. Das Image der Agenturen als Arbeitgeber hat zuletzt gelitten. Zu Recht?
Agenturen müssen mehr auf die Erwartungen der unterschiedlichen Generationen eingehen und umdenken, um weiterhin interessant für talentierte Mitarbeiter zu sein. Es gibt Agenturen, die sich zu viel mit sich selbst beschäftigen und dabei die Stimmung und Prioritäten der Mitarbeiter aus den Augen verlieren.
7. Wie sieht es in Ihrer Agentur mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus?
Das Verhältnis von Beruf und Freizeit sollte ausgewogen sein. Überstunden werden als Ausnahme und nicht als Regel angesehen. Generell legen wir großen Wert auf eigenverantwortliches Arbeiten. Daher haben wir ein Arbeitszeitmodell etabliert, das uns die Freiheit gibt, flexibel zu sein. Natürlich haben wir Mitarbeiter, die in Teilzeit arbeiten, sowie Mütter und Väter in Elternzeit. Das ist ganz selbstverständlich.
8. Welche Rolle spielt bei Ihnen Diversity Management?
Durch unsere internationale Ausrichtung und unsere Historie spielt das Thema Diversity eine wichtige Rolle – es ist tief in unserem Alltag verwurzelt. Unsere Mitarbeiter stellen einen Querschnitt durch viele Nationalitäten, Altersgruppen und Kulturen dar. Eine positive Wertschätzung und Chancengleichheit sind entscheidende Faktoren, um eine gemeinsame Unternehmenskultur zu fördern. Daraus entsteht ein facettenreiches und starkes Team.
9. Was ist aus Ihrer Sicht der größte Fehler, den ein Personalverantwortlicher oder Headhunter machen kann?
Als Personalverantwortlicher muss man sich immer über die Bedürfnisse sowohl der Agentur als auch die des Bewerbers im Klaren sein. Ein Mangel an Empathie erschwert hierbei eine gute Einschätzung und die spätere Zusammenarbeit wird ebenfalls beeinträchtigt. Die Folge sind unterschätzte oder nicht erfüllte Erwartungen. Mitarbeitergespräche, Förderung und Bindungsmaßnahmen sind deswegen essentiell und wirken vorbeugend.
10. Warum sollte jemand bei Ihnen anfangen? Was macht Ihre Agenturmarke einzigartig?
Unsere offene und transparente Kultur, sowie gegenseitiges Vertrauen zeichnen uns aus. Wir zählen auf das Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen und weniger auf das herkömmliche Top-Down-Prinzip. Zudem bieten wir unseren Mitarbeitern punktgenaue Trainings an. Kein Gießkannenprinzip, sondern individuell zugeschnittene Weiterbildungen. Dafür nutzen wir auch unser globales Netzwerk. Die Zusammenarbeit mit den internationalen Kollegen funktioniert besonders gut. So können beispielsweise junge Talente von J. Walter Thompson weltweit aus sämtlichen Bereichen an "Craft Skills" teilnehmen. Bei dem einwöchigen Training lernen die Teilnehmer, mit einem realen Kundenbriefing, internationalem Coach und Planner, was es heißt, für eine große Netzwerkagentur zu arbeiten. Die Teilnehmer präsentieren am Ende der außergewöhnlichen und inspirierenden Woche ihre Arbeit, die dann von den Coaches und Mentoren durch ein professionelles Feedback bewertet wird. Daneben bieten wir das Programm "In Your Shoes" an. Dahinter verbirgt sich ein 4- bis 6-wöchiger europaweiter Austausch. Zudem nominieren wir immer wieder Mitarbeiter für zahlreiche Weiterbildungsangebote der WPP-Gruppe.