Leider wird im Zuge des Content-Booms auf diese Haltung anscheinend gerne verzichtet. Stattdessen steigt die Aufregung der Player über neue Geschäftsfelder und mündet auf einem dynamischen Markt in der Sorge "Wofür genau werden die 26 Prozent des Marketingbudgets ausgegeben?”. Eine Unsicherheit, die teilweise schräge Formen annimmt. So erlebte ich mal bei einem Pitch, dass ein Tageszeitungsverlag mit Gewalt versuchte, mit spektakulären Film- und Aktivierungsideen aufzutrumpfen. Frei nach dem Selbstverständnis: "Mit journalistischen Inhalten können wir doch keinen mehr hinter dem Ofen hervorholen. Das muss Crash, Boom, Bang machen!" Ach ja? Au weh. Beziehungsweise mal ehrlich: Was ist denn das für eine Strategie? Wolf im Schafspelz? Dattel im Speckmantel? Der Pizza-Lieferservice, der auch Asia und Burger kann? Heiteres Beruferaten? Um auf jeden Fall den Pitch zu gewinnen?

In meiner zweiten Muttersprache Digitalisierung schimpft sich so etwas Disruption: "Der Prozess bei dem ein bestehendes Geschäftsmodell oder ein gesamter Markt durch eine stark wachsende Innovation  in Frage bzw. abgelöst wird." Und die damit verbundene Unsicherheit der beteiligten Player. Doch ist es wirklich die passende Antwort, im Zuge der Digitalisierung seine eigene DNA aufzugeben? Ist es nicht viel mehr so, dass die Digitalisierung die Unternehmen, und damit auch Agenturen, herausfordert, ihre wahre Kultur, ja ihre wahre Haltung zu zeigen?

Und diese DNA, sofern Bereitschaft dafür da ist, in eine unternehmerische Zukunft zu übersetzen? Ist die Digitalisierung und damit verbunden die Content-Diskussion nicht viel mehr eine Chance für die eigene Authentizität? Weg vom Werbung und PR getriebenen "Ich bin toll'" bzw. "Du kannst mir glauben, ich bin toll" hin zu "Ich stehe für. Und interessiere mich für Dich, liebe Zielgruppe"? Ist nicht gerade das sexy? Und zwar nicht nur für Unternehmen, sondern für Agenturen selber?

Für mich ist es beispielsweise völlig authentisch und die logische Konsequenz wenn Jean-Remy von Matt uns auch in Zukunft eine Geschichte erzählt, die uns daran erinnert, nicht nur an Weihnachten an unsere Familie zu denken. Oder Armin Jochum (Thjnk-Vorstand; Anm. d. Red.) eine Hommage an den großen Clown Oleg Popow vorträgt. Geschichten, die Eiskonfekt auf der Zunge schmelzen lassen. Zeitlos. Weil sie großartige Geschichtenerzähler sind. Und bleiben. Weil sie genau wissen, was sie können. Und für den Rest sorgen. Durch Wandel. Und Kooperationen.

Und ja, es gibt nicht nur eine Definition für Content Marketing. Es gibt sogar die Haltung einer Content-Marketing-Exzellenz. Eine Haltung, die Dominik Grau vom Ebner-Verlag beschreibt wie folgt: 'Fokussiert auf das Bedürfnis der Zielgruppe und basierend auf dem Ziel des Kunden erreicht Content-Marketing-Exzellenz dann ihr bestes Ergebnis, wenn der Inhalt atomisiert und kanalspezifisch gut aufbereitet ist. Zielgruppe + Kunde + Qualität + Atomisierung + Kanal = Content-Marketing-Exzellenz'.

Eine Exzellenz, die mit Native noch verfeinert werden kann. So ergänzt Jesper Laursen vom Native Advertising Institut: 'Native-Advertising-Exzellenz verschmilzt reibungslos mit den Inhalten des distribuierenden Mediums. Es ist klar gekennzeichnete Content-Marketing-Manufaktur - direkt in der Lebenswelt der Zielgruppe. Eine Compliments Card, die Medium und Marke an den Leser adressieren. Exzellenz durch gezielte Reichweite und Relevanz. Passend zu den Kampagnenzielen.'Wow. Hat was. Oder? Gleich noch mal lesen? Gerne. Und Atmen nicht vergessen. 

Alle dennoch Suchenden konnten hoffentlich etwas beruhigt werden und können auf der Suche nach dem heiligen Gral "Content" gerne den Austausch zu etablierten Playern wie dem Content Marketing Forum suchen. Auf Bestehendem aufbauen. Lohnt sich. Oder wie Christian Fill, Vorstand des Forums, so treffend beschreibt: "Die Definition von Content Marketing kann man gut finden oder nicht, aber immerhin, es gibt sie. Und sie gibt Halt, Orientierung und Einordnung."

So viel dazu, lieber Thomas Koch, was meinen Sie?

Ihr, Johannes Ceh

Über den Autor:

Johannes Ceh ist gelernter Journalist und arbeitete als Digital- wie Content-Stratege für Unternehmen wie Sport1, Springer & Jacoby, BMW,  Mercedes-Benz, Ogilvy und Havas. Heute unterstützt er als strategischer Berater Unternehmen an der Schnittstelle von Customer Experience, Digitalkultur und Organisationsentwicklung (www.StrengthandBalance.one).


Autor: W&V Gastautor:in

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