Erstens wegen der Planung, die klar definierte Schritte hatte: Chemistry-Meeting (hey, in dem sich der Kunde auch präsentierte!), persönlicher Briefing-Termin vor Ort (heißt: bei den Agenturen), Rebriefing-Termin inklusive Strategiepräsentation (auch räumlich fernab des Tagesgeschäfts) und die finale Präsentation vor allen Entscheidern (ich wiederhole: allen Entscheidern, inklusive Inhaber). Dabei waren die Zeiträume realistisch. Die gebriefte Aufgabe war der wichtigste Job der Verantwortlichen. Heißt: Für die Erarbeitung der Präsentation bekamen die Agenturen ausreichend Zeit. Und "ausreichend" bedeutet bei einem Pitch dieser Größe mehr als vier bis sechs Wochen. Zudem gab es einen Pitch-Berater, der den gesamten Prozess nicht nur begleitet, sondern tatsächlich geführt hat. Er war 24/7 erreichbar, top informiert über Kunde, Aufgabe, Agentur und Status quo, er war selbstlos, fair und objektiv. Und natürlich gab es ein Honorar.

Zweitens wegen der Besetzung: Alle Termine waren seitens des Kunden immer mit den gleichen, entscheidenden Personen besetzt – inklusive Pitch-Beratung. Hierarchien spielten dabei kaum eine bis gar keine Rolle. So entstand von Anfang an der Eindruck eines starken Teams und einer gemeinsamen Aufgabe. Die Entscheider waren immer dabei, nahmen sich immer Zeit und begleiteten den Prozess zu 100 Prozent. Sie waren über die Pitch-Beratung stets erreichbar, streitbar und ließen nie daran zweifeln, wie ernst es ihnen mit der Aufgabe war.

Drittens wegen der Durchführung: Von der Kontaktaufnahme bis zur Entscheidung waren alle Termine fix. Alles wurde wie geplant erarbeitet, geliefert und besprochen. Egal, ob es sich um ein Teamchart handelte oder die neue Markenstrategie. Alle wussten, was sie wollten. So konnten sie auch mal nach links und rechts schauen und sich Flexibilität verschaffen, wenn es darauf ankam.

Viertens wegen des Umgangs. Der gesamte Pitch war maximal transparent. Die Agenturen wussten voneinander. Es gab keine albernen Geheimnisse. Jeder Teilnehmer war darüber informiert, was von wem, wo und in welcher Form erwartet wird. Es gab keine Punkte, die nicht offen angesprochen und diskutiert werden konnten. Wir waren von Anfang an überzeugt, dass wir mit Deichmann "gemeinsam" an der Aufgabe arbeiten und der oft zitierte partnerschaftliche Umgang nicht nur gewollt, sondern schon während des Pitches glaubhaft gelebt wurde. Resultat: Das "Wie" des Pitch-Prozesses wirkte wie ein Katalysator auf das "Wie" unserer Arbeit und setzte das Beste in uns frei und wohl auch bei allen anderen Pitch-Teilnehmern. Wir lieferten eine richtig gute Präsentation. Trotzdem bekamen wir eine Absage, und das tut immer noch weh. Denn wenn eine mögliche Beziehung so perfekt beginnt, dann will man einfach mehr davon.

Apropos Absage: Unser Schmerz wurde vergrößert. Nicht, weil sie etwa per Mail, Anruf oder wie gern mal genommen über die Presse erfolgte. Nein. Nach der Entscheidung bat Deichmann um einen Termin am nächsten Tag. Bei uns. Es kamen genau die, mit denen wir den Pitch durchgezogen hatten. Einen Termin, der ausschließlich dazu diente, uns persönlich und ausführlich zu erklären, warum wir es nicht geworden sind. Selbst das "Schlussmachen" war also beispielhaft. Und es bestätigte den Eindruck, wie gern wir mit diesen Menschen für ihre Marke gearbeitet hätten. Ich finde, es war der beste Pitch, den wir je verloren haben.

Ich wünsche Deichmann eine tolle Kampagne und allen Erfolg mit ihrer neuen, alten Agentur. Und der Branche mehr Kunden, die so professionell, fair und partnerschaftlich agieren."

Text: Reinhard Patzschke

Auch im Agenturenverband GWA werden die Pitch-Gepflogenheiten diskutiert. Mehr zu den aktuellen Diskussionen beim GWA lesen Sie in der neuen W&V (Nr. 43/2013 vom 21.10.)


Autor: Daniela Strasser

Redakteurin bei W&V. Interessiert sich für alles, was mit Marken, Agenturen, Kreation und deren Entwicklung zu tun hat. Außerdem schreibt sie für die Süddeutsche Zeitung. Neuerdings sorgt sie auch für Audioformate: In ihrem W&V-Podcast "Markenmenschen" spricht sie mit Marketingchefs und Media-Verantwortlichen über deren Karrieren.