Das Problem ist sicher auch den niedrigen Budgets geschuldet, das den Parteien im kleinen Bremen für den Wahlkampf zur Verfügung steht. Tatsächlich arbeiten die Politiker eher mit kleineren Agenturen zusammen. Vielleicht fehlt es auf allen Seiten aber auch einfach an Mut. Am schlimmsten ist die FDP, die ihren Spitzenkandidaten Oliver Möllenstädt beim Joggen inszeniert (Agentur: Liberal Verlag, Berlin). In Bremerhaven stemmt Kandidat Mark Ella eine Hantel. Dynamisch und kraftvoll soll das wirken, dabei ist es gewollt und öd.

Dabei hätte die Hansestadt genügend Probleme zu bieten, für die intelligente Lösungen auch in der Kommunikation gefragt wären. Bremen leidet unter einem hohen Schuldendruck, etlichen Firmen-Insolvenzen; auch bei Pisa steht das kleine Land nicht gut da. Von „atemloser Stille“ spricht Rita Mohr-Lüllmann, die Spitzenkandidatin der CDU, in der "Süddeutschen Zeitung". Die CDU-Politikerin müht sich durch den für ihre Partei aussichtslosen Wahlkampf, verliert aber nie ihre gute Laune. Die Christdemokraten setzen ganz klassisch auf Innen-, Finanz-, Wirtschafts- und Bildungspolitik (Slogan: „Jetzt das Richtige tun.“); sie hat sich personell und inhaltlich neu aufgestellt. Jedes Ressort im Schattenkabinett Mohr-Lüllmanns ist mit einer Fachfrau, einem Fachmann besetzt. Doch die Frau kann noch so viele Defizite der rot-grünen Regierung aufzählen – die Wähler interessiert das nicht. Sie werden am 22. Mai ihre Bremen-Partei, die SPD, wählen. Deren Slogan lautet: „Echt Bremen“ (Agentur: Mann und Maus, Hannover).

Im Wahlkampf dominiert der klassische Straßenwahlkampf mit Plakaten, Infoständen, Flyern und Postkarten. Das Internet spielt eine untergeordnete Rolle. Facebook-Profile haben die meisten Kandidaten, aber Karoline Linnert, Spitzenkandidatin der Grünen, hat noch nicht mal eine eigene Website (Slogan: „Wir bleiben dran“). Die Grünen vertrauen ganz auf ihre zentrale Wahlkampfwebsite, die beispielsweise mit der interaktiven 3-Tage-Wach-Aktion drei Tage vor der Wahl vor allem junge Wähler überzeugen will. Sie haben offenbar die besten Chancen dafür.


Conrad Breyer, W&V
Autor: Conrad Breyer

Er kam über Umwege zur W&V. Als Allrounder sollte er nach seinem Volontoriat bei Media & Marketing einst beim Kontakter als Reporter einfach nur aushelfen, blieb dann aber und machte seinen Weg im Verlag. Conrad interessiert sich für alles, was Werber- und Marketer:innen unter den Nägeln brennt. Seine Schwerpunktthemen sind UX, Kreation, Agenturstrategie. Privat engagiert er sich für LGBTQI*-Rechte, insbesondere in der Ukraine.