Seinen Partner, Mitgründer und Freund David Stephan kennt Eggert "ursprünglich vom Counter-Strike-Spielen". Stephan ist 33, hat Kommunikationsdesign studiert, als Journalist für Giga TV und mehrere Printmedien gearbeitet und war als Kreativdirektor für Saintstephens in Wien tätig. 2015 wollte er zurück nach Deutschland; Eggert schlug vor, eine Agentur zu starten.

Nun ist ja eine Agentur schnell gegründet. Aber nicht immer steht dahinter ein so durchdachtes Konzept wie bei David + Martin. Die beiden verfügen über ein außergewöhnlich großes Netzwerk, das namhafte Szenegastronomen und Barkeeper, Künstler, Medien- und Marketingleute einschließt.

Beispiel: Mal angenommen, Bacardi möchte ein Konzept von David + Martin, dann hätten die beiden Gründer bei der Präsentation bestimmt auch den passenden Cocktail plus eigens dazu komponierter Snacks und Bier­deckel parat. Plus diverse Ideen, wie sie das Ganze unter die Bar- und Gastroleute bringen. "Wir verstehen die Agentur nicht als Raum für Meetings, sondern als Begegnungsort für Kreative, Macher und Gleichgesinnte", sagt Stephan.

Foto: David + Martin

Foto: David + Martin

Die Räume haben tatsächlich etwas von einer heimeligen Wohnzimmeratmosphäre. Oft mixen die beiden hier selbst Drinks. Irgendeiner ist nach Agenturschluss immer noch zum Quatschen da. Eggert und Stephan sprühen vor Energie, brennen für ihre Ideen, verbinden Leute, die sich vorher nicht kannten, animieren zu ungewöhnlichen Projekten und Ideen. "Wir haben einen klaren Fokus auf Lifestyle, wehren uns aber auch nicht gegen Non-Food, sofern die Marke zu uns und unserem Set-up passt", sagt Eggert.

Sieben Leute beschäftigt die Agentur im Moment. Gerade haben Eggert und Stephan eine Holding namens Puzzle Ventures gegründet. Darunter vereinigen sind sämtliche Unternehmen und Beteiligungen, die die beiden unterhalten. Neben der Agentur halten sie 50 Prozent an einem angesagten Münchner Burger-Lokal, und sie sind an einer Bar in Berlin beteiligt. Sie arbeiten am Launch eines Lizenzprojekts mit Converse Chucks (chuckandpaul.com) und an einer gemeinnützigen Gesellschaft, die Geld für Hilfsprojekte sammeln soll (letzteres unter anderem mit der hauseigenen Gin-Marke Refugin).

Perspektivisch soll sich Eggert um die Holding kümmern, Stephan soll der Chefkreative bleiben. Da erscheint es sinnvoll, dass sie sich Leute dazuholen, die das Agenturtagesgeschäft managen. Allen voran Martin Opercan: Der 38-Jährige ist der dritte Geschäftsführer, war rund 20 Jahre lang bei der Agentur Häberlein & Mauerer, zuletzt als leitender Director. Als Leiterin für die strategische Planung wird im Mai Linda Buchmüller anfangen. Sie hat zuletzt im Marketing des Käsereikonzerns Bel gearbeitet. Gemeinsam mit ihr hat die Agentur die aktuelle TV-Kampagne für Leerdammer entwickelt.

2016: Leerdammer "Kulisse" TV from david+martin on Vimeo.

Bei den Kunden genießt David + Martin einen guten Ruf. "Sie gehen unkonventionell an Themen heran, sind extrem flexibel, und wenn sie von einer Idee überzeugt sind, bekommt man immer mehr, als man gebrieft hat", sagt etwa Kathleen Schuart, Senior Director Marketing & Sales On-Premise bei Campari. Würde man nur ein klassisches Briefing in Auftrag geben, sich als Auftraggeber zurückziehen und Ergebnisse erwarten, dann sei man bei David + Martin falsch, glauben die meisten Kunden. Anders, wenn man kollaborativ denkt und Interesse daran hat, Ideen gemeinsam zu entwickeln. Eine andere Kundin sagt, David + Martin sei manchmal anspruchsvoll, was die Preise angehe, die die Gründer stets im oberen Segment ansetzen. "Wenn Sie mit einer frischen, jungen Agentur arbeiten, dann haben Sie natürlich ein höheres Risiko, da zahlen Sie üblicherweise etwas weniger", so Kristina Honrath aus dem Develey-Marketing.

Gerade haben Stephan und Eggert die Fitnessplattform Freeletics als neuen Kunden gewonnen. Für sie sollen sie strategische Grundlagen und einen ­Mar­ketingleitfaden für die zukünftige Ausrichtung ent­wickeln. "Wir arbeiten noch sehr aus dem Bauch und dem Telefonbuch heraus", sagt Eggert. Sprich: Um die nötigen Insights zu erhalten, fragen sie bei ihrem Netzwerk nach und nutzen dessen Wissen. Die übrigen Mitarbeiter bilden so etwas wie die Exekutive, die der Führungsriege den Rücken freihält. Allerdings soll sich das ändern: Die Gründer arbeiten am Aufbau eines eigenen Kreativstammteams. Anfang März fangen zwei fest angestellte Mitarbeiter an, die die Aufgaben im Bereich Art übernehmen sollen.

David + Martin/Nick Frank

David + Martin/Nick Frank

Martin Eggert reist gerade durch die deutsche Agenturbranche und lernt die renommierten Agenturchefs kennen. Er bereitet sich auf jeden Gesprächspartner gewissenhaft vor. Die meisten sind begeistert, sprechen von "bestens verbrachten zwei Stunden", um etwa Stefan Kolle, Gründer und Mitinhaber von Kolle Rebbe in Hamburg, zu zitieren. Er sei beeindruckt ­gewesen, sagt der Werber. "Die sind ganz anders, extrem energiegeladen, und das in die positive Richtung. Sie denken nicht à la 'Mein Vorbild ist Springer & Jacoby', sondern machen ihr ganz eigenes, autarkes Ding." Einem anderen gefällt, dass Eggert und Stephan "hungrig, fleißig und ehrgeizig sind".

Es sei mal dahingestellt, ob es den beiden gelingt, mal eine Agentur mit 50 oder 100 Mann zu werden. Das ist auch nicht ihr erklärtes Ziel. Zunächst einmal haben sie für sich die perfekte Nische gefunden und ein glückliches Händchen bei ihren Personalentscheidungen bewiesen. In jedem Fall ist David + Martin eine besondere Agentur, welche im Blick zu haben sich lohnen dürfte.

Mehr über die Newcomer-Agentur lesen Sie in der aktuellen W&V-Ausgabe (Nr. 8/2017 vom 20.2.): Hier geht's zur Einzelheftbestellung.

Und nachfolgend zeigen wir noch Bilder von der Agenturparty ("Die ersten 599 Tage") am vergangenen Freitag:


Autor: Daniela Strasser

Redakteurin bei W&V. Interessiert sich für alles, was mit Marken, Agenturen, Kreation und deren Entwicklung zu tun hat. Außerdem schreibt sie für die Süddeutsche Zeitung. Neuerdings sorgt sie auch für Audioformate: In ihrem W&V-Podcast "Markenmenschen" spricht sie mit Marketingchefs und Media-Verantwortlichen über deren Karrieren.