Kreativität wird maßlos überschätzt und genauso oft unterschätzt. Der Genie-Kult ist übertrieben und wenn es klappt, ist es meistens eben nicht die Zufallsidee auf der Toilette. Sie ist ein Beruf wie jeder andere, sie macht genauso müde wie jede andere Tätigkeit, man kann sie lernen und muss sie üben: Es geht darum, Dinge zu sortieren und sich immer wieder neu für seine Umwelt zu begeistern. Auf ihrem Weg zu einer Lösung  suchen sowohl der Designer als auch der Texter nach Analogien, die einen Sachverhalt mit anderen Mitteln erklären und ein Produkt mit neuen Eigenschaften belegen. Erst recht in einer Zeit, in der die Märkte eng, die Produkte ähnlich und die Adjektive längst so verbraucht sind.

Die persönliche Haltung, die man sich dazu antrainieren sollte, ist das Denken eines Künstlers, der seine Umwelt in jedem einzelnen Moment gestalten will.

Egal, ob man als Designer, Texter oder Künstler arbeitet. Der leergefressene Fischteller von Pablo Picasso wurde nur zum Kunstwerk, weil er Lust darauf hatte, die Fischgräten darauf wieder in frischen Ton zu betten und aus der freigelegten Positivform eine neue Negativform zu schaffen.

Für den Texter ist die Initialzündung mitunter nur ein Halbsatz, den man einige Stunden im Kopf spazieren führt – immer auf der Suche nach der zweiten Hälfte, die sich mit der ersten reibt. Dann findet sich irgendwann eine zweiter Teil, der nicht mit dem ersten korrespondiert, man tauscht den Anfang und plötzlich funktioniert es.

Dem inneren Zwang, eine Idee – auch wenn sie gerade nicht gebraucht wird – umzusetzen, sollte man jedoch immer nachgeben.

Während ich mich freudlos in einem Text festfuhr, der im Ansatz okay war, aber mit einem gewissen Abstand sicher noch besser werden konnte, dachte ich immer das Wort "Birke". Warum auch immer. Birken sind hell und schnell, Birken wachsen als erste wieder dort, wo einmal alles verseucht war, und Birken sind wunderschön.

Also fuhr ich in einen Baumarkt, kaufte Farbe und parkte mein Auto in einem Waldstück. Dort bemalte ich eine Buche als Birke, fotografierte das Ergebnis und fuhr zurück an den Schreibtisch. Ich hatte keine Zeit verloren, sondern mir selbst wieder auf die Sprünge geholfen und das Schreiben funktionierte plötzlich wie von selbst.

* Peter Breuer nennt sich einfach nur "Werbetexter"  - eine Berufsbezeichnung, die auf Creative Junior Copywriter Evangelists wie eine Eisdiele aus der Adenauer-Zeit wirkt. Er schreibt und konzipiert für Kunden aus zahlreichen Branchen und gilt als einer der besten Texter Hamburgs. Wer daran zweifelt, kennt seine Facebook-Seite und seine Tweets nicht.