Rechtsextremismus:
Altes Imagevideo fliegt Heidenau um die Ohren
Angesichts von Hass und Gewalt gegenüber Asylsuchenden im sächsischen Heidenau wirkt ein drei Jahre altes Video der Stadt beinah zynisch: "Du bist willkommen."
Angesichts von Hass und Gewalt gegenüber Asylsuchenden im sächsischen Heidenau wirkt ein drei Jahre altes Video der Stadt beinah zynisch - denn da ist viel vom Miteinander die Rede: "Na komm, tritt ein, du bist willkommen", beginnt der Refrain des Heile-Welt-Liedes "Mein Heidenau". 2012 mag das eine gute Idee in Sachen Image gewesen sein. Nach den Angriffen auf eine Flüchtlingsunterkunft am 23. August fliegt der Kleinstadt mit rund 16.500 Einwohnern nun die gesungene Familienidylle um die Ohren.
Der knapp vierminütige Imagefilm, in dem vor allem Schülerinnen aus Heidenau auftreten, hat Diskussionen in den sozialen Netzwerken ausgelöst. "Na komm, tritt ein, du bist willkommen" - die Einladung wirkt angesichts der fremdenfeindlichen Vorfälle am Wochenende mehr als zynisch. Der Film zeige eine vermeintlich idyllische Gemeinde, in der dagegen in Wahrheit der rechte Mob regiere, so die Kritik einiger Nutzer bei Facebook, Twitter und Youtube.
"Diese rechten Randalierer haben viel kaputt gemacht", sagte Sylvia Röder, Leiterin des örtlichen Familienamtes, dazu am Montag der Deutschen Presse-Agentur DPA. Sie hatte damals das Video initiiert. Man bemühe sich in der Stadt seit Jahren darum, Werte wie Toleranz und Miteinander zu stärken. "Für uns ist das sehr schlimm, aber auch ein Auftrag. Bei uns soll jeder willkommen sein - natürlich auch die Flüchtlinge."
Stattdessen gibt es nun eine Youtube-Neufassung des Musikvideos - mit Bildern vom 23. August.
Der Widerspruch stößt vielen Usern sauer auf.
Mit Kanzlerin Angela Merkel Social Web ebenfalls unzufrieden: Viele vermissen eine Reaktion, der Hashtag #merkelschweigt gehört zu den heutigen Trendthemen auf Twitter. Mittlerweile liegt eine Erklärung ihres Regierungssprechers Steffen Seibert vor, der in ihrem Namen die "gewalttätigen Ausschreitungen und die aggressive fremdenfeindliche Stimmung" in Heidenau "auf das Schärfste" verurteilt.
Das habe ich gerade in der Regierungspressekonferenz zu den gewalttätigen Ausschreitungen in #Heidenau gesagt: pic.twitter.com/xecjyKj0JT
— Steffen Seibert (@RegSprecher) 24. August 2015
Reaktionen darauf sind Aussagen wie "Etwas ausrichten lassen ist Silber. Reden wäre Gold" oder ""Merkel hat Heidenau mit scharfen Worten verurteilt. Sie ließ ihren Sprecher erklären (...)" - Finde den Fehler". Eine persönliche Äußerung Merkels ist nun für 16.45 Uhr angekündigt.
Einen ungeplanten Viral-Hit landete indessen das Facebook-Video des pfälzischen Jungpolitikers Tobias Huch, das Bilder, die das Elend in den Heimatländern der Asylsuchenden zeigen, mit hasserfüllten und menschenverachtenden Kommentaren aus dem Internet zusammenbringt. (sh/dpa)