Tour de Start-ups:
Dortmund: Zweite Liga statt Champions League
Das Ruhrgebiet bietet mit seinem Ballungsraum enorme Absatzpotenziale und viele kluge Köpfe. Doch bis auf wenige Ausnahmen bringt die Region kaum Start-ups hervor.
Von der Anhöhe, auf der die Emil-Figge-Straße verläuft, sieht man den Signal-Iduna-Park. In der abgelaufenen Saison zeigte der dort beheimatete Fußballklub Borussia Dortmund mitreißende Spiele und stand sogar im Finale der Champions League. Dort oben steht auch die Universität Dortmund, und im Umfeld haben sich einige Start-ups wie der 3-D-Marketing-Spezialist Viality angesiedelt. National gesehen spielen die meisten dieser Neugründungen allerdings bisher nur in der zweiten Liga.
Neben der Hochschule im Technologiepark sitzt das Start-up Geomobile. Die Nähe der Uni sei ein klarer Vorteil für das Recruiting, erklärt Mitgründer Tim Ontrup. Allerdings fehle in diesem technologieorientierten Umfeld das Urbane, von dem die Gründerszene aus der Kreativwirtschaft im Stadtzentrum profitiert. Dem versucht die Stadt mit Branchen-Events entgegenzuwirken. "Diese Veranstaltungen gleichen aber eher dem Versuch einer organisierten Vernetzung", sagt Ontrup. Das Sommerfest der städtischen Initiative ePort gleicht eher einem Familienfest denn einem pulsierenden Gründertreffen.
Die Stadt Dortmund bemüht sich schon seit Jahren, das Web-Business zu unterstützen, um den Strukturwandel zu fördern. Keine der Städte im Ruhrgebiet habe es geschafft, eine kommerziell erfolgreiche Gründerszene auszubilden – deshalb fehlt es an Erfahrung, die digitale Lawine kommt nicht ins Rollen. Trotz eines großen Absatzmarktes vor der Tür und vielen Universitäten mit klugen Köpfen.
Start-ups wie das E-Commerce-Unternehmen Wunschfutter.de bilden sich oft im Alleingang. Im Dortmunder Norden steht die Halle einer ehemaligen Druckerei, die das Büro und die Verpackungsstation beherbergt. In der Luft hängt ein Geruch, den jeder Waldi- und Rex-Besitzer kennt: Hundefutter. Und unter den Schreibtischen liegen zwei Vierbeiner, die bei Bedarf als Foto-Models dienen.
Die Gründer würden kaum in die hippe Szene nach Berlin passen: Alle waren beim Launch Mitte dreißig, alle gehen zusätzlich anderen Beschäftigungen nach: Kunsthändler, Marketingberater sowie Produktionsverantwortliche bei einem Gefriertrockner. Den Anstoß zur Gründung gab Oskar, ein Labradoodle. Aufgrund einer Getreideallergie verträgt Oskar kein normales Futter. Und so suchte Herrchen nach Alternativen und fand RedMoon Petfood. Die Kanadier sind heute Partner und gestatten den Dortmundern gegen eine Lizenz die Verwendung der Rezepte. "Wir hatten keine Ahnung von Tiernahrung, kannten uns aber im deutschen Marketing und Vertrieb aus", erklärt Tobias Heitmann. Zwei der drei Gründer kommen aus Dortmund, der Firmensitz war gefunden.
Eine lokale Unternehmensfamilie hat in Wunschfutter investiert. Man kennt sich in Dortmund. Nach dem Einstieg zündet die nächste Marketingstufe mit Radiospots. "Bis wir die Tierfuttergiganten Mars und Nestlé mit ihren Marken annähernd erreichen, ist es aber noch ein weiter Weg", sagt Heitmann. Wunschfutter bewege sich aufgrund seiner Größe und der Zielgruppe eben in einer Nische. Die Macher von MyMuesli für Hunde haben bereits Pläne für individuelles Katzenfutter und eine Expansion ins europäische Ausland in der Schublade.
Heitmann würde bei einer zündenden Idee ein weiteres Start-up gründen. Dann gebe es einen erfahrenen Gründer mehr an der Emscher, der die Steine ins Rollen bringen könnte.
Auswahl lokaler vielversprechender Start-ups: Geomobile, Viality, Wunschfutter.de
Auswahl lokaler etablierter Start-ups: Baby-markt.de
Auswahl Geldgeber vor Ort: SeedCapital Dortmund
Auswahl von lokalen Inkubatoren: e.port Dortmund
Standortbedingungen: Vorteile: günstige Mieten, sehr gute Hochschule, gute Zusammenarbeit, Wirtschaftsförderung, acht Millionen Einwohner binnen einer Stunde Fahrzeit, Nachteile: praktisch keine etablierte Gründerszene, schwaches Image zur Attraktivität der Stadt
Start-up-Wettbewerbe / Events: Start2grow