Könnten Sie das konkretisieren?

Nehmen Sie etwa jemanden, der im Münchner Stadtviertel Bogenhausen wohnt und ein Mini Cabrio fährt – und jetzt zieht er nach Solln in eine Doppelhaushälfte und muss refinanzieren. Für den sind ganz andere Themen und Produkte interessant als für den jungen Berufseinsteiger, der wegen des Jobs umzieht. Und der Nutzer, der ein Haus kaufen möchte, wird im Schnitt mit seiner Immobiliensuche ein Jahr brauchen und immer wieder unsere Plattformen nutzen, bis der Immobilienkauf und die Finanzierung abgeschlossen sind. Auch er wiederum hat ganz andere Bedürfnisse als jemand, der gerade seine Ausbildung abgeschlossen hat.

Gemeinsam mit Kunden bauen Sie auch Zielgruppensegmente. Wie gut funktioniert dieses Geschäftsfeld für Sie?

Sehr gut. Im Geschäftsjahr 2016 haben wir bereits 20 Prozent des Werbeerlöses datengetrieben über derartige Segmente erzielt. Zwei Drittel davon sind on-Network, also bei AutoScout24, ImmobilienScout24, FinanceScout24. Das letzte Drittel extern.

Gibt es Bereiche, in denen die Ausspielung der Werbung auf anderen Sites, also die Audience Extension, besonders häufig eingesetzt wird?

Audience Extension hilft uns, die identifizierte Zielgruppe breiter anzusprechen. Gerade bei Branding-Kampagnen ist das wertvoll. Wenn wir den User auf einer anderen Site wieder identifizieren können, können wir dort beispielsweise Videowerbung ausspielen.

Wie sehen Sie generell Ansätze wie den Datenpool Emetriq oder die Zusammenarbeit von Zalando und SevenOne Media?

Ich begrüße jede Allianz, die versucht, Daten sinnvoll für gut gemachte Werbung zur Verfügung zu stellen. Alles, was hilft, Datenlogiken nutzbar zu machen, ohne dass wir Kunden von den großen US-Unternehmen abhängig machen. Auch wir sondieren den Markt nach strategischen Allianzen. Wir stellen uns aber immer die Frage, wie relevant wir und ein Partner für bestimmte Branchen und Gruppen sind und ob dadurch ein Mehrwert für den Kunden entstehen würde.

Sie sprechen von sinnvollen Dateneinsatz bei gut gemachter Werbung. Ist das momentan der Fall? Online-Werbung, gerade Display, steht ja wieder einmal in der Kritik.

Es besteht durchaus die Gefahr, dass Werbekunden durch Themen wie Ad Fraud oder Bot Traffic resignieren und digital nicht weiter denken oder kein Budget ausgeben wollen, weil sie sich nicht wohlfühlen. Ich glaube, dass digitale Werbung, so wie sie heute in Masse stattfindet, nicht wirkt. Sie muss von Anfang an gut durchdacht sein, damit sie wirkt. Danach können Sie sich über Preisoptimierung unterhalten und darüber, welche Technologie noch helfen könnte.

Das heißt, Marken sollten mehr Wert auf Konzept und Wirkung legen?

Die Diskussion, die gerade stattfindet, wie digitale Werbung effizient wirken kann, wird sich in die richtige Richtung entwickeln. Weg von „wer kann eigentlich am billigsten für mich einkaufen“ hin zu Wirkung. Damit verändert sich auch, wo Traffic und Reichweite eingekauft werden. Und wenn dann noch der Aspekt Datenschutz hinzukommt, verändert sich der Markt: Dann ist die bedeutende Rolle der Agentur Planung und Trafficeinkauf, wenn es um Daten geht, versuchen Marken aber vielleicht selbst, zuzukaufen. Den KPIs würde das guttun.

Mehr zu Scout24 Media und den Vermarktungsaktivitäten der großen E-Commerce-Anbieter lesen Sie in der aktuellen W&V in der Retail-Media-Titelgeschichte.


Autor: Ralph-Bernhard Pfister

Ralph Pfister ist Koordinator am Desk der W&V. Wenn er nicht gerade koordiniert, schreibt er hauptsächlich über digitales Marketing, digitale Themen und Branchen wie Telekommunikation und Unterhaltungselektronik. Sein Kaffeekonsum lässt sich nur in industriellen Mengen fassen. Für seine Bücher- und Comicbestände gilt das noch nicht ganz – aber er arbeitet dran.