"Besonders die Einfachheit von Younow fasziniert Jugendliche", sagt Otto Vollmers, Geschäftsführer des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM). Damit testen Jugendliche ihre Wirkung im Wettstreit mit anderen Nutzern aus, wie Fachleute sagen. Beliebte Stars auf der Videoplattform Youtube hätten angefangen, Younow zu nutzen - so entdeckten auch ihre jugendlichen Fans den Dienst, erklärt das Familienministerium.

"Wenn man sich mal durch die Videos klickt, sieht man schnell die eindeutigen Fragen und Kommentare von Nutzern", heißt es in einem Bericht auf der Internetplattform Juuuport von der Niedersächsischen Landesmedienanstalt. "Eine 13-Jährige wird dort aufgefordert: 'zeig mal deinen bh', ein anderer Nutzer fragt: 'sind deine eltern nicht zu hause mein kind?', schildert das Portal für Jugendliche. Wer die Fragen stelle, sei unklar: "Ist es ein 52-Jähriger oder ein süßer 16-jähriger Mitschüler?"

In einer Nachricht an die deutschen Nutzer reagierten die Betreiber von Younow auf die Kritik. "Wir nehmen diese Angelegenheiten sehr ernst", steht in dem Anfang Februar veröffentlichten Blogeintrag. "Wir haben ein Moderationsteam, das 24 Stunden am Tag arbeitet, um User zu verbannen, die gegen unsere Bedingungen und Regeln verstoßen", heißt es in etwas gesetelztem Deutsch. Täglich werde das Team vergrößert. Die Nutzung sei nur Jugendlichen ab 13 Jahren gestattet. Eine verletzende Sprache sei verboten. Mit einem Melde- und Blockiersystem sollen Verstöße geahndet werden.

Younow "betreibt jedoch keine Vorsorge, um Kinder und Jugendliche wirkungsvoll vor Übergriffen und Gefährdungen zu schützen", moniert der Sprecher des Familienministeriums. "Altersangaben werden nicht verifiziert und das Angebot lässt sich nicht so einstellen, dass die Zugänglichkeit von Live-Streams beschränkt werden kann." Kurzum: "Für Kinder ist der Dienst nicht geeignet."

"Tatsächlich sind zahlreiche Nutzer auf Younow aktiv, die die gesetzte Altersgrenze nicht erreichen», meint der Stuttgarter Anwalt für Internet- und Medienrecht, Carsten Ulbricht. Das Portal hafte nur, wenn es nicht auf einen gemeldeten Verstoß reagiere. "Es gibt also keine Pflicht für Younow, die Inhalte proaktiv zu kontrollieren", sagt Ulbricht. "Dies wäre bei Liveübertragung ohnehin kaum möglich."

Der Berliner Medienexperte Thomas Feibel teilt die Bedenken zu Younow zwar, hält aber nichts von Panikmache. "Immer schneller kommen durch Internet und Smartphones neue Erziehungsherausforderungen auf die Eltern zu", sagt Feibel, der mehrere Ratgeber zum Thema Kinder und Computer geschrieben hat. Nicht Verbote, sondern Aufklärung der Kinder seien sinnvoll. "Nur wer seinen Kindern feste Regeln vermittelt, muss vor der nächsten Herausforderung keine Angst haben."

Jonas Schöll, dpa