Als Vorteil kommt für Beschäftigte hinzu, dass die Zuschüsse steuerfrei sind. Auf der anderen Seite können die Länder sich und ihren Mitarbeitern einen Haufen Bürokratie ersparen. Denn die für alle Beteiligten lästige Abrechnung von Dienstfahrten entfällt bei einer umfassenden Lösung.

Berlin will nachziehen und ab November 2020 für 125.000 Landesbeschäftigte im Rahmen einer Hauptstadtzulage von 150 Euro monatlich eine kostenlose ÖPNV-Monatsfahrkarte einführen. Das kostet rund 240 Millionen Euro im Jahr. Nach Meinung von VCD-Vertreter Kosok gut investiertes Geld. "Das ist eine prima Sache für die Arbeitgeber, um sich im Wettbewerb um gute Kräfte profilieren zu können."

Wichtiges Recruiting-Argument

Auch in der freien Wirtschaft setze sich die Idee durch, sowohl den Mitarbeitern als auch dem Klima Gutes zu tun. "Der Dienstwagen kommt aus der Mode, stattdessen gibt es heutzutage Diensträder."

So etwa in Thüringen. Das dortige Umweltministerium stellt zwei Dienst-Fahrräder sowie ein Dienst-E-Bike bereit. Überdies können die Beschäftigten des Landes ein Jobticket der Deutschen Bahn nutzen. Der Freistaat schloss dafür einen Rahmenvertrag mit dem Konzern. Außerdem wurde eine Ladesäule für Elektroautos errichtet, die die Mitarbeiter mittelfristig für ihre Privatautos nutzen können. Beim rheinland-pfälzischen Umweltministerium startet schon jetzt ein entsprechendes Pilotprojekt.

In Bayern hat das Finanzministerium für alle 350.000 Beschäftigten des Landes Jobticket-Vereinbarungen mit der Deutschen Bahn, dem Münchner Verkehrsverbund und der Bayerischen Oberlandbahn abgeschlossen. Die Bayern setzen auch auf eine Ausweitung von Telearbeitsplätzen und errichten um Ballungsräume herum sogenannte Behördensatelliten.

Baden-Württemberg schreibt sich auf die Fahnen, als erstes Bundesland flächendeckend ein bezuschusstes Jobticket eingeführt zu haben. Seit 1. Januar 2016 können alle 242.000 Landesbediensteten auf Jahreszeitfahrkarten der 22 Nahverkehrs- und Tarifverbünde und der Deutschen Bahn einen Arbeitgeberzuschuss beantragen - zunächst von 20, seit 2017 von 25 Euro pro Person und Monat. Im Oktober 2019 nutzten mehr als 30.000 Menschen das Angebot, gut zwölf Prozent der Berechtigten.

Das Verkehrsministerium in Stuttgart hat überdies per Online-Befragung herausgefunden, dass 23 Prozent aller Jobticket-BW-Kunden neu auf den ÖPNV umgestiegen sind, wobei der Arbeitgeberzuschuss ein wichtiger Faktor war. Ein solcher Verlagerungseffekt erscheine Laien wenig, heißt es aus dem Ressort von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). "Für Mobilitätsexperten ist das aber ein sehr ansehnlicher Prozentsatz, denn Mobilitätsverhalten ist im Unterschied zum Bewusstsein eine träge Größe."

Im Vorzeigeland Hessen ist die Quote derer, die vor der Einführung des Landestickets ausschließlich das Auto genutzt und sich dann für einen Umstieg entschieden haben, mit zwei Prozent verschwindend gering. Nach einer Befragung wird das Auto in den seltensten Fällen komplett ersetzt.

In Sachsen kommt das Jobticket für die Landesbediensteten nicht besonders gut an. Und das, obwohl seit Februar 2019 das Angebot für ein Jobticket mit Beteiligung des Arbeitgebers auf alle Verkehrsregionen in Sachsen ausgeweitet worden war. Von den knapp 114 000 Beamten und Angestellten des Landes besaßen im November 2019 knapp 6500 ein Jobticket (5,7 Prozent). Damit ist der Anteil der umweltbewussten Staatsdiener in den vergangenen Jahren nur leicht gestiegen: 2014 waren es 5,4 Prozent.

In Nordrhein-Westfalen nutzen rund 17.400 Mitarbeiter der Landesverwaltung ein vergünstigtes Jobticket. Das finanzieren sie selbst, profitieren dabei aber von Rabatten, die die einzelnen Dienststellen aushandeln. Landesmittel werden dafür nicht genutzt. Eine weitere Maßnahme für mehr Klimaschutz ist das 2018 gestartete Pendlerportal der Umweltverwaltung; die Mitfahrbörse wird mittlerweile auch von anderen Ministerien genutzt.

Gewerkschafterin Fries sagt, wenn sich beim Gros der Länder keine Regelungen vereinbaren ließen, die sowohl den Kollegen als auch dem Klimaschutz zugutekommen, werde das Thema in die nächsten bundesweiten Tarifverhandlungen 2021 einfließen. Das sei schade: "Denn wir hinken schon jetzt den Großbetrieben hinterher."

Julia Giertz, dpa

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