Joko und Klaas beweisen stets, dass sie kein Blatt vor den Mund nehmen und gerne noch den einen Schritt weiter gehen, den Raab hin und wieder sein lässt. So begrüßen sie beispielsweise Studiogast Helge Schneider mit den Worten: "Herr Schneider, wie geht’s? Wie steht’s? Wie hängt der Sack?" Zuweilen gelingt die Gratwanderung nicht – wenn etwa über die eigene Show-Promotion gewitzelt wird: "Das letzte Mal, dass Leute in so Zwanziger-, Dreißiger-Jahre-Klamotten Propaganda gemacht haben, brannte danach ganz Berlin." Joko und Klaas lachen anstandshalber selbst über derlei Zoten.

Für die starke Anbindung des Internets ans Format stehen Twitter-Botschaften mit dem Hashtag #HalliGalli, "Herr Internet" mit Alu-Kappe auf dem Kopf oder die "Überraschung" des Abends, die per Countdown angezählt wird und von der die mopsfidelen Moderatoren angeblich nichts wissen: Ein Kleinwüchsiger zieht den auf YouTube präsenten "Thüringer Klöße"-Sänger Fritz im kleinen Auto durchs Studio. Alle gackern, Witz gelungen. Die Autorin runzelt die Stirn, der knapp 15-jährige Sohn grinst.

Fazit: Wir lassen nun einfach mal den pädagogischen Zeigefinger den pädagogischen Zeigefinger sein. Selbst wenn "Circus HalliGalli" auf die omnipräsente Fäkalsprache verzichten würde – das würde an der Ausdruckweise der begehrten jungen Seherschaft ohnehin nichts mehr ändern. Joko und Klaas reden wie die Zielgruppe, spielen mit ihr, sind so konfus wie sie. Die Kritiken der Bildungsbürger sind entsprechend schlecht – das kann dem Münchner Sender aber nur recht sein. Im Privatfernsehen gilt seit Langem die Regel: Was dem Feuilletonisten gefällt, floppt beim Zuschauer. Beste Voraussetzungen also, dass Joko und Klaas den späten Montagabend bei ProSieben künftig mit dicken Marktanteilen bereichern.

Die Premiere jedenfalls ist gelungen: Sie kommt mit 1,51 Millionen 14- bis 49-jährigen Zuschauern auf einen deutlich überdurchschnittlichen Marktanteil von 16,9 Prozent bei den Werberelevanten. Übrigens: Am besten punkten Joko und Klaas bei den 14- bis 19-Jährigen – mit 33,9 Prozent Marktanteil. Selbst 20- bis 29-Jährige sind stark vertreten: 30,5 Prozent Marktanteil. Davon profitiert auch der gute "alte" Stefan Raab: Er erklimmt im Anschluss mit dem in die Jahre gekommenen "TV total" verhältnismäßig starke 13,1 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.