Bucherscheinung:
Der Roman zur Branche: Bettina Wündrichs Glitzer-Glamourwelt
"Hochglanz" ist Bettina Wündrichs erster Roman und spielt in der Branche der Frauenzeitschriften. W&V-Autorin Andrea Weiss war bei der Buchvorstellung dabei.
50 ausgewählte Gäste aus der Münchner Hochglanzmagazin-Branche tummeln sich in außergewöhnlichen Kleidern und hochhackigen Schuhen im Untergeschoss der Bar Centrale. Die Einladung des Rowohlt Verlags kam ganz im Layout des Buches, um das es an diesem Abend geht. Bettina Wündrich und ihr Romandebüt "Hochglanz" wird gefeiert.
Wündrich ist keine Unbekannte, als Chefredakteurin von "Glamour", "Vogue Business", "Emotion" und "Season" hatte sie viel Zeit, die Dynamiken hinter den Glitzer-Covern der Magazinwelt zu ergründen. Der 334 Seiten lange Roman soll entgegen aller Vorstellungen kein Schlüsselroman und keine Abrechnung mit der Branche sein, in der Wündrich ja immer noch arbeitet. Bald wird sie nämlich Regine Kuhlei als Chefredakteurin der Wohnzeitschrift "Zuhause Wohnen" ablösen.
Die Machererinnen aus der Modemagazinwelt wie Petra Winter ("Madame") oder Monika Fendt ("MVG Premium") sitzen auf den Holzbänken und lauschen gebannt, während die Autorin die gesammelte Anekdoten-Fiction ihrer bisherigen Karriere preisgibt. Im Buch geht es um Jo Stern, die Chefredakteurin eines Frauenmagazins. Sie macht als "Digital Immigrant" den "Digital Change" ihres Magazins mit. Sie erlebt die schönen Seiten des Alltages in der Redaktion eines Glamour Titels: Die Modeschauen, Schuhe, Taschen und all die gratis Luxus-Pflegeprodukte. Gleichzeitig muss sie sich aber auch "undersext und underfucked" ihrem nichtexistenten Privatleben stellen. Denn das kriegt man im Roman auch mit: die Schattenseiten des Jet-Set-Lebens einer Berufstätigen, die keine Familie hat, sondern nur die andauernde Angst, von einer "Digital Native" ersetzt zu werden.
In wahnwitzig schnellem Tempo führt Wündrich durch die Welt des Glamours, ironische Seitenhiebe und Anekdoten schimmern immer mal wieder durch. Sie kritisiert nicht, sondern stellt diese Welt witzig und teilweise überspitzt dar. Der Praktikant, der bei der Modeabhnahme vor Aufregung einen Brechanfall erleidet kommt genauso vor, wie die Modestrecke, für die Praktikantinnen abgelichtet werden, um die Kosten besonders niedrig zu halten. Lauren Weisbergers "Der Teufel trägt Prada" ist eine Parallele, die nicht von ungefähr gezogen wird.
Die Fragen stellt an diesem Abend Rowohlt Lektorin, Grusche Juncker. Denn es beschäftigt die Modemagazin-Branche natürlich sehr, inwiefern die Romanfiguren von der echten Welt abgepaust sind. Einige interessante Parallelen können Insider sehr wohl beim Lesen erkennen. Wündrich betont jedoch, dass das Buch auf einem Spiel mit Klischees aufbaut. Insofern bestehen auch die Figuren lediglich aus Versatzstücken.
Die Buchvorstellung des neuen Romans von Bettina Wündrich war keine klassische Buchbesprechung, bei der die Leser viele Fragen stellen und die Autorin hinterher Bücher signiert. Es war vielmehr ein Meet and Greet, eine Feier der glitzernden Glamour-Welt, die im Buch so ironisch wie genau beschrieben wird.
Als Autor genießt man immer eine bestimmte Narrenfreiheit. Insofern ist Wündrichs Buch wohl keine Abrechnung mit der Branche. Sondern lediglich eine kreative Aufarbeitung ihrer letzten 20 Jahre in Chefredaktionen von Frauenzeitschriften.