Berichte über Amoklauf und Terror:
Presserat rügt Marke "Bild" drei Mal wegen "schwerer Verstöße"
"BamS" und Bild Online zeigten Opferbilder vom Amoklauf in München - das rügt der Presserat, dem auch Beschwerden zu den Berichten über die Terroranschläge von Würzburg, Nizza und Istanbul vorlagen.
Dem Deutschen Presserat stößt die Berichterstattung von "Bild am Sonntag" und Bild Online massiv auf. Das Gremium rügt Springers Markenfamilie "wegen schwerer Verstöße gegen den Pressekodex" insgesamt drei Mal öffentlich. Angeeckt sind die Boulevard-Medien wegen der Art, wie sie über den Amoklauf in München und über eine Messer-Attacke in einem Dortmunder Kaufhaus berichtet hatten; W&V-Chefredakteur Jochen Kalka hatte derlei Aufbereitung offen kritisiert.
Die Details: Der "BamS" gilt eine Rüge für die Berichterstattung "Wurden sie in den Tod gelockt?" Zu sehen war eine Bildergalerie mit Porträtfotos von Opfern. Eine weitere Rüge erhielt Bild Online für den Beitrag "Das sind die Opfer des Amoklaufs", der ebenfalls Opferbilder enthielt.
Hinterbliebene wurden unvermittelt mit Fotos ihrer toten Angehörigen konfrontiert
Der Ausschuss kritisiert nun, dass beide Veröffentlichungen Fotos zeigten, "die ohne Einwilligung der Hinterbliebenen veröffentlicht worden waren". Einige Opfer waren zudem minderjährig. Es handle sich um einen "schwerwiegenden Verstoß gegen Richtlinie 8.2. des Kodex, nach der die Identität von Opfern besonders zu schützen ist".
Sprich: Die Hinterbliebenen der Verstorbenen sollten nicht unvermittelt mit Fotos ihrer toten Angehörigen konfrontiert werden. Die Vorsitzende des Ausschusses 2 des Presserats, Katrin Saft, kommentiert die Rüge so:
"Nicht alles, was in sozialen Netzwerken verfügbar ist, darf auch ohne Einschränkung veröffentlicht werden. Die eigene Darstellung, zum Beispiel in einem Facebook-Profil, bedeutet nicht zwingend eine Medienöffentlichkeit."
Als zulässig hingegen bewertete der Ausschuss die Darstellung des Täters mit Name und Foto. Die Tat in München habe ein großes öffentliches Interesse ausgelöst und Fragen nach dem Motiv und nach den Hintergründen der Tat aufgeworfen, heißt es. Das öffentliche Interesse am Täter ist höher zu bewerten als der Schutz der Persönlichkeit.
"Unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt"
Noch ein Verstoß, noch eine Rüge für Bild Online: Der Beschwerdeausschuss des Presserats stuft die Veröffentlichung eines Videos einer Messer-Attacke in einem Dortmunder Kaufhaus als Verstoß gegen die Ziffer 11 des Pressekodex ein. Der Beitrag unter der Überschrift "Brutale Messerattacke auf Video aufgenommen" zeigt den Handymitschnitt eines Passanten, auf dem das Opfer zu sehen ist, wie es mit einem Messer im Rücken blutend auf dem Boden liegt. "Diese Passage wurde sogar mehrfach wiederholt. Im Hintergrund sind die Schreie einer Frau zu hören. Die Berichterstattung hält der Beschwerdeausschuss für eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt", so das Gremium.
Überhaupt: Neben der Berichterstattung über den Amoklauf in München galt es, Beschwerden zu den Terroranschlägen von Würzburg, Nizza, und Istanbul zu prüfen. So lagen dem Presserat auch gegen die Berichterstattung über den Anschlag am Flughafen in Istanbul zwei Beschwerden vor.
Missbilligt wurde in einem Fall die Online-Ausgabe einer Zeitung, weil sie zwei Aufnahmen zeigte, auf denen verletzte Kinder identifizierbar und in Nahaufnahme zu sehen waren. "Diese Fotos missachten den Opferschutz", meint der Presserat. Insgesamt spricht der Presserat 12 Missbilligungen aus, die sich größtenteils auf Berichte über den Amoklauf in München und die Terroranschläge von Würzburg, Istanbul und Nizza beziehen.