ProSiebenSat.1: Entsetzen im Markt
Guillaume de Posch verlässt ProSiebenSat.1 zum Jahresende. Andreas Bartl rückt in den Vorstand auf. Ein Nachfolger als Vorsitzender ist nicht in Sicht. Mit Guillaume de Posch verlässt das dritte Vorstandsmitglied innerhalb kürzester Zeit ProSiebenSat.1.
Mit Guillaume de Posch verlässt das dritte Vorstandsmitglied innerhalb kürzester Zeit ProSiebenSat.1. Nach Lothar Lanz (Finanzen) und Peter Christmann (Marketing) geht nun auch der Vorstandsvorsitzende. Zum 31. Dezember räumt de Posch den Posten – "auf eigenen Wunsch", wie der TV-Konzern mitteilt. Pikant: De Posch hatte erst kürzlich Christmanns Vorstandsressort übernommen.Gleichzeitig rückt Andreas Bartl in den Vorstand auf. Er verantwortet die Aktivitäten der German-Free-TV-Holding, also die Sender ProSieben, Sat.1, Kabel eins und N24.
Wer den Vorsitz künftig übernimmt, ist offen. Zwar kündigte Aufsichtsratschef und Permira-Partner Götz Mäuser an, jetzt "eine fokussierte Suche nach einem Nachfolger einzuleiten". Doch das dürfte nicht ganz einfach sein. Ein Renditeziel von 30 Prozent, das Guillaume de Posch seinen Gesellschaftern KKR und Permira versprach, dürfte auch sein Nachfolger nicht erwirtschaften.
Fred Kogel, der zeitgleich mit de Posch seinen Vorstandsposten bei Constantin aufgibt, wurde gerüchteweise als Nachfolger gehandelt. Er aber ließ umgehend dementieren: "Das war nie ein Thema und ist es auch jetzt nicht." Manche Insider könnten sich eine Beförderung der Nummer zwei im Vorstand, Patrick Tilleux, vorstellen. Dafür spräche: Der Belgier genießt als ehemaliger SBS-Chef das Vertrauen der Investoren. ProSiebenSat.1 wollte sich dazu nicht äußern.
Im Markt herrscht Entsetzen über die Entwicklung. Von einem "bislang beispiellosen Vorstands-Exodus" spricht Jens-Uwe Steffens, Hauptgeschäftsführer der Hamburger Pilot-Gruppe, und befürchtet das "finale Chaos". Das Unternehmen brauche Ruhe und Berechenbarkeit. "Ein positives Signal, das der Markt jetzt dringend erwartet, wäre die Rückkehr von Peter Christmann als Ansprechpartner für die Werbewirtschaft", fordert Steffens.
Auch Paul Vogler, CEO von Mindshare, findet deutliche Worte: "Die neuen Eigentümer haben sich im Kaufpreis und in der Rendite vergaloppiert. Und Misserfolg wird nicht verziehen." Man dürfe gespannt sein, wann der erste Sender versilbert werde. Bei den Analysten nennt Ralf Marinoni, Analyst bei der Equinet AG, den Rücktritt "keine gute Nachricht". De Posch habe einen guten Job gemacht und "das Unternehmen nach vorn gebracht".
Nun befürchtet der Markt, dass die Turbulenzen von ProSiebenSat.1 auf die gesamte Branche ausstrahlen. Ein TV-Manager, der nicht zitiert werden möchte, sagt: "Wenn es ProSiebenSat.1 schlecht geht, ist das schlecht für den gesamten Fernsehmarkt."
Viele befürchten längst eine Filetierung der Sendergruppe und daraus folgend eine dauerhafte Krise des Free-TV. Der Aktienkurs spricht Bände: Am Dienstagabend lag er bei 7,44 Euro. Vor gut einem Jahr stand er dagegen bei rund 30 Euro.
Drei Stunden bevor der Rückzug von de Posch offiziell wurde, vermeldete ProSiebenSat.1 noch die Umstrukturierung der Marketingabteilungen. Unter der Leitung von Malte Hildebrandt werden ab 1. Oktober 2008 die Marketingaktivitäten der Free-TV-Sender durch sechs zentrale Kompetenzteams betreut.