In der Rückschau wirft Graßmanns vollmundige Ankündigung "Wer bei uns mitspielen will, der muss die entsprechende Leistung zeigen" die Frage auf, wer gemeint war. Wenig hilfreich dürfte auch die Strategie von Printvorstand Philipp Welte sein, Magazine wie "Bunte" und "Focus" auf das Niveau von Schokoriegeln herunterzureden. Zeitschriften seien letztlich nichts anderes als Fast Moving Consumer Goods. Das dürfte weder Journalisten, Lesern noch Werbekunden schmecken.

Beim Nachrichtenmagazin "Focus" soll nun also Ulrich Reitz die Wende bringen. Jörg Quoos, der übrigens gestern seinen 51. Geburtstag hatte, hat direkt im Anschluss an die Ansprache durch Burkhard Graßmann an die Redaktion seinen Schreibtisch geräumt. Doch es scheint, als hätte auch der Neue kein visionäres Rezept. Dem "Münchner Merkur" sagte er, er wolle den "Focus" zurück "zu den Wurzeln des Magazins bringen" und "Service mit Nutzwert" bieten. Reitz ergänzt dies mit der ambitionierten Aussage, er wolle mit Hilfe "digitaler Medien die Themen des Magazins die ganze Woche über aktualisieren und fortführen". Und hier zeigt sich das wahre Problem: Noch immer gehören Focus.de und das gedruckte Magazin zwei unterschiedlichen Häusern. Und das wirklich Fatale ist, der Leser trennt nicht zwischen den beiden Angeboten. Die teils billigen, auf SEO getrimmten Geschichten von Focus.de, schaden dem Image des gedruckten Magazins gewaltig. Zwischen dem Arabellapark, wo das Magazin residiert und der Neumarkter Straße, Heimat der Online-Redaktion, liegen zwar nur 1000 Meter, aber zwischen den journalistischen Ansprüchen liegen ganze Welten. Um hier etwas zu ändern, braucht es mehr, als nur einen neuen Chefredakteur.


Autor: Lisa Priller-Gebhardt

Sie schreibt als Autorin überwiegend für W&V. Im Zentrum ihrer Berichterstattung steht die geschwätzigste aller Branchen, die der Medien. Nach der Ausbildung an der Burda Journalistenschule schrieb sie zunächst für Bunte und das Jugendmagazin der SZ, Jetzt. Am liebsten sind ihr Geschichten der Marke „heiß und fettig“.