BDZV-Konferenz:
Wie Chefredakteure heute Duftmarken setzen
Bis zu mehr als 150.000 Abonnenten erreichen Chefredakteure deutscher Zeitungen mit Newslettern à la "Morningbriefing". Eine Bilanz des BDZW.
Die Meinungsmacher aus den klassischen Medien nutzen eifrig digitale Kommunikationskanäle für ihre Botschaften und Einschätzungen – mit Erfolg, wie der Zeitungsverleger-Verband BDZV analysiert. Die Interessensvertretung hat sich den Newsletter heraus gepickt: Allein in diesem Jahr werden nach einer Erhebung des Bundesverbands mehr als 20 Zeitungen einen Chefredakteurs-Newsletter einführen. Die Newsletter seien ein Beispiel für den Innovationsgeist und die Experimentierfreude in den Redaktionen, erklärt Hans-Joachim Fuhrmann, Mitglied der BDZV-Geschäftsleitung, bei der Eröffnung der "Konferenz Chefredakteure" am Mittwoch in Berlin. Ziel sei es, mit neuen Themen, anderen inhaltlichen Formaten und neuartigen Produkten zu überraschen.
Egal, ob sie "Checkpoint", "Stimme des Westens", "Vorab:", "Hauptwache", "Morningbriefing" oder einfach nur "Post vom Chefredakteur" heißen: Bei den Newslettern stehe "die Penetration der Zeitungsmarke und die emotionale Bindung der Leser an die Redaktion" im Fokus, so Fuhrmann über digitalen Duftmarken der Chefredakteure. Im Schnitt erreichten die Newsletter 35.000 Abonnenten, in der Spitze seien es 150.000 und mehr, rechnet der BDZV vor. Nicht eingegangen wird auf die Strahlkraft des Social Webs, wo Chefredakteure wie Kai Diekmann von der "Bild" ihre Zeitungsmarken in ein modernes Licht setzen.
Im Zentrum der "Konferenz Chefredakteure" stehen übrigens Digitalstrategien der Verlage. Zu den Gästen auf der Bühne gehören unter anderem Donata Hopfen, Verlagsgeschäftsführerin Bild-Gruppe; Christoph Bauer, Vorstandsvorsitzender Mediengruppe M. DuMont Schauberg sowie die Chefredakteure der Berliner Zeitung "Der Tagesspiegel", Stephan-Andreas Casdorff und Lorenz Maroldt.
Unterdessen warnt ein Schweizer Zeitungsmacher die Branche vor den negativen Folgen des Sparens in Verlagshäusern. Der Chef der NZZ-Mediengruppe, Veit Dengler, sieht die Gefahr einer "Todesspirale" für Zeitungen durch schrumpfende Redaktionen. Mit sinkender Qualität wanderten Kunden ab, warnte Dengler kürzlich bei der Konferenz "Zeitung Digital 2015" in Potsdam. "Das ist eine echte Gefahr für viele Medien. Es kann keine langfristige Strategie sein." "Wir müssen unser Geschäftsmodell völlig neu denken", betonte Dengler. Die Werbeerträge seien nicht nur im Print-Geschäft rückläufig, sondern bei vielen Zeitungen auch online. Eine Lösung sei, die Inhalte in Produkte für verschiedene Kundengruppen aufzufächern. Dengler ist seit Herbst 2013 Chef der Schweizer Mediengruppe mit dem Flaggschiff "Neue Zürcher Zeitung". Er arbeitete zuvor unter anderem beim Computerkonzern Dell und der Rabattcoupon-Website Groupon.