EU-Showdown für Datenschutz-Regeln
Die Online-Werbebranche blickt gespannt Richtung EU-Behörden: Diese entwickeln im Rahmen der sogenannten E-Privacy-Richtlinie neue Bedingungen, wie Daten im Web gesammelt werden dürfen.
Die EU-Entscheidung zu den neuen Datenschutzregeln steht kurz bevor: Der Europäische Rat teilte bereits mit, dass die E-Privacy-Richtline angenommen werde, erklärt Stephan Noller, CEO des Targeting-Dienstleisters Nugg.ad und Vorsitzender des Policy Committee beim Verband IAB Europe. Danach muss die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Das kann allerdings noch dauern: Der legislative Prozess sieht hier vor, dass die Umsetzung der EU-Vorgaben in den jeweiligen nationalen Richtlinien innerhalb 18 Monaten nach Inkrafttreten auf EU-Ebene erfolgt sein soll.
Die deutschen Behörden warten die endgültige Fassung ab. Die Lobby der Online-Industrie arbeitet dagegen mit Hochdruck: Freiwillige Selbstbeschränkungen sollen zu harte Gesetze verhindern. Entscheidend sei dabei, inwieweit die Industrie die Politik von der Kraft der Selbstregulierung überzeugen kann, sagt Noller. Dafür sieht Thomas Duhr, Leiter des Arbeitskreis Targeting im Bundesverband Digitale Wirtschaft, gute Chancen: Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung seien etwa Pläne für eine Stiftung Datenschutz und ein Gütesiegel für Datensicherheit festgeschrieben.
Ähnliche Vorhaben hat die Wirtschaft auf den Weg gebracht. Dazu wurde im März der Deutsche Internet Rat (DIR) gegründet. Website-Betreiber, Dienstleister, Agenturen und Vermarkter machen hier – so weit möglich – gemeinsame Sache. So auch die Mediaagenturen, die eigene Targeting-Systeme auf den Markt bringen wollen. „Im Rahmen der Diskussion um E-privacy und Selbstregulierung setzt sich die FOMA ein für den gleichberechtigten Zugang aller Marktteilnehmer zum Thema nutzungsbasierte Kampagnensteuerung auf Basis der aktuell und künftig geltenden rechtlichen Bestimmungen", erklärt Manfred Klaus, Sprecher des Fachforums der Online Mediaagenturen (FOMA)
Auf der Branchenmesse dmexco wurden im September erste Ziele präsentiert: die Etablierung von Richtlinien zur Freiwilligen Selbstregulierung, die Verleihung eines Qualitätssiegels, um die Datenschutzregeln nach außen hin zu demonstrieren. Zudem wollen die Mitglieder des DIR eine Beschwerdestelle für Verbraucher einrichten. Das DIR-Konzept diene schon als Vorlage für andere Länder, betont Prof. Hartmut Pohl, Leiter des DIR.
Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie in den einzelnen Ländern gilt Vorsicht: Es gebe bereits jetzt erkennbare Unterschiede in der Auslegung des englischsprachigen Original-Wortlautes der E-Privacy-Richtlinie, warnt Thomas Duhr. "Für jedes Land der EU gilt erschwerenderweise der Wortlaut des Gesetzestextes in der eigenen Landessprache." Dies biete Raum für unterschiedliche Interpretationen: "So zeichnet sich derzeit in einigen südeuropäischen Ländern bei der Übersetzung und nachfolgend dann der Umsetzung der E-Privacy-Richtlinie eher ein Einzel-„Opt-In“-Zwang für die Nutzung von Cookies ab." Sollte daraus die weitestregulierende Variante eines generellen Individual-Opt-In für jede einzelne Webseite resultieren, wäre das unter Mediennutzungsgesichtspunkten ziemlich verheerend, so Duhr.
Mehr zum Thema Targeting gibt es in der aktuellen Ausgabe der W&V (46/09)