Als "Capital"-Chef waren Sie ja selbst lange bei G+J in der Verantwortung. Sind Sie mit der G+J Wirtschaftspresse in ihrer heutigen Form zufrieden?

Die G+J Wirtschaftspresse beschäftigt hervorragende Journalisten, aber sie funktioniert nicht und verdient kein Geld. Die "FTD" kommt nicht vom Fleck und schreibt weiter rote Zahlen, und das wird sich nicht ändern. "Capital" hat seine Gesamtauflage in zehn Jahren halbiert. 2000 verkauften wir bis zu 130 000 Exemplare allein am Kiosk - zugegebenermaßen dank des Börsenhypes - heute sind es etwa 15.000. "Börse Online" könnte auf eine gedruckte Ausgabe verzichten und digital expandieren. "Impulse" braucht den Kiosk nicht, man kann daraus ein reines Abonnentenblatt machen. Und im digitalen Bereich laufen die Wirtschaftsmagazine  unter "ferner liefen". Wer im Verlagsbereich Geld verdienen will, der muss die Medien als Markenevents verstehen, um die ein ganzes Bündel von Angeboten gestrickt werden kann, wie es zum Beispiel "Forbes" in Amerika vormacht. Wer sich im Privatbereich nur auf Anzeigen und Vertriebserlöse verlässt, wird permanent schrumpfen.

Für welche G+J-Titel zahlt der Leser Brunowsky eigentlich noch?

Ich kaufe mir je nach Titel einzelne Ausgaben am Kiosk. Abonniert habe ich privat nur "Capital" und das "Manager Magazin", das ja auch noch zu einem Viertel G+J gehört, richtig?

Und wie lange lesen wir die "FTD" noch?

Die "FTD" ist eine gute Wirtschaftszeitung, es wäre schade, wenn man sie wegen dauerhafter Unprofitabilität schließen müsste. Das beste wäre, die "FTD" gemeinsam mit dem Handelsblatt unter einem gemeinsamen Vermarktungsdach - als Kooperation oder durch Verkauf als eigenständige Redaktion weiter zu führen. Ich glaube nicht, dass das Kartellamt etwas dagegen hätte. Ähnlich wie "Kölnische Rundschau" und "Kölner Stadtanzeiger" als unabhängige Redaktionen weiter laufen, aber Anzeigen und Vertrieb im Neven-Dumont-Verlag gemeinsam managen. Das scheint ja ganz gut zu funktionieren .


W&V Redaktion
Autor: W&V Redaktion

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