Sky baut auf langfristige Abo-Beziehungen. VoD-Plattformen bieten kürzere Vertragslaufzeiten an und etablieren den Einzelabruf wie etwa Apples iTunes-Store. Damit verfallen auch die Preise.

In der Tat. Aus diesen Entwicklungen kann man im deutschen Markt eine abnehmende Zahlungsbereitschaft für Premium Pay-TV mit Preisen von mehr als 20 Euro im Monat und dauerhaften Vertragsbeziehungen von größer als 12 Monaten sehen. Basic-Pay, worunter einerseits die Pay-TV Bouquets der Kabelnetzbetreiber mit Preispunkten deutlich kleiner als zehn Euro monatlich fallen, aber eben auch das VoD-Segment mit 50 Cent bis vier Euro pro Abruf, gewinnen deutlich an Bedeutung. Sky wäre aufgrund seiner hohen Betriebskosten und seiner aufwändigen Marketing- und Vertriebsmaschinerie nicht in der Lage, sein Geschäftsmodell kurzfristig soweit zu ändern, dass man auch Preise deutlich unterhalb von zehn Euro dauerhaft anbieten kann. Da auch im gegenwärtigen Modell mit Bundesligarechten der Sender nicht profitabel ist, würde sich zwar die Kostenseite aufgrund der geringeren Rechtekosten entlasten, ein Großteil der 3 Millionen Abonnenten würden aber auch ihren Vertrag aufkündigen.

Hauptgesellschafter Rupert Murdoch dürften diese Aussichten nicht gefallen.

Sollte Sky die Live-Rechte nicht erhalten, gehe ich davon aus, dass Murdoch den kontinuierlichen Geldfluss nach Deutschland kappen würde und es das Aus von Sky wäre. Allerdings könnte man dagegen halten, dass es Sky beziehungsweise Premiere immer wieder gelungen ist, teils mit Glück, wie in der Kirch-Insolvenz, oder aber mit Verhandlungsgeschick und Taktik in 2006 den Betrieb aufrecht zu halten.

Hätte ein solches Szenario generellen Einfluss auf den Pay-TV-Markt in Deutschland?

Sicherlich! In dem beschriebenen Szenario würde ich davon ausgehen, dass Sky vom deutschen Markt in der heutigen Form verschwindet. In den letzten Jahren hat sich die Pay-TV-Landschaft in Deutschland substanziell verändert. So haben insbesondere die Kabelnetzbetreiber mit Bouquets aus Spartensender und in höherer Qualität (HD) sehr erfolgreich das Basic-Pay-Segment, ebenso wie natürlich auch Astra mit HD+, erschlossen. Dazu haben die diversen Video-On-Demand (VoD)-Plattformen erfolgreich das Segment für Hollywood-Blockbuster erschlossen. Für das Premium-Pay-Segment oberhalb von 25 Euro im Monat, in dem sich Sky bewegt, gibt es in Deutschland nur ein kleines und spitzes Kundensegment. Dazu gehören die Fußball-Bundesliga-Begeisterten. Hier kann man darüber streiten, ob das Premium-Kundensegment in Summe drei oder vier Millionen Abonnenten groß ist. Im Vergleich zu klassischen PayTV-Märkten wie England oder Italien ist die Zahl jedoch sicher viel kleiner. Dies liegt im Wesentlichen an der Stärke der Öffentlichen Rechtlichen und des reichhaltigen Angebots and Free-to-Air-Sendern. Wenn Sie so wollen, ist in Deutschland der eigentlich wertvolle und exklusive Content damit nur die Fußball-Bundesliga.

Was bedeutet ein solches Szenario für die Pay-Spartensender, die das Angebot von Sky ergänzen?

Für die Pay-Spartensender sehe ich das nicht so dramatisch. Die meisten der Partnersender haben in den letzten Jahren auch andere Pay-Verbreitungsplattformen, etwa die der Kabelnetzbetreiber, oder im IP-TV auf  T-Entertain oder Vodafone TV belegt. Ihre Abhängigkeit von Sky hat sich somit gelockert. Außerdem bietet gerade IPTV gute Möglichkeiten für Spartensender, auch direkte Endkundenbeziehungen aufzubauen, was mittelfristig auch großes Potenzial für diese Sender bietet.

Ist IP-TV mittelfristig als ernsthafter Wettbewerber für Kabel und Satellit in Bezug auf Pay-TV zu sehen?

Das gilt derzeit weitgehend schon heute. Die Telekom hat rund 1,6 Millionen Kunden. Mit dem Launch von Entertain-Sat im Herbst letzten Jahres ist es der Telekom gelungen, ein substanzielles Hindernis für die weitere Verbreitung ihres T-Entertain Angebotes aus dem Wege zu räumen. Das kombinierte Satelliten- und Internet-Produkt und die technischen Features und Möglichkeiten sind schon heute sämtlichen Produktangeboten der Kabelnetzbetreiber und Satellitenangeboten überlegen. Gerade im Hinblick auf nicht-lineare Pay-TV-Angebote wie VoD haben die meisten Kabelnetzbetreiber sowieso noch Nachholbedarf. Mit dem jüngsten Einstieg der Telekom in das Wohnungswirtschaftssegment wird hier die letzte Bastion der Kabelnetzbetreiber geknackt. Insofern sehen wir für IPTV, was in Deutschland stark von der Telekom dominiert wird, noch großes Wachstumspotenzial. Das erklärt auch das große Interesse der Telekom an den Bundesliga-Rechten.

Im Fall, die Rechte gehen tatsächlich an die Telekom. Die Bonner müssten sich einen Anbieter suchen, der eine Sendelizenz erhält, zumal sie das selbst als 32-prozentiger Staatskonzern nicht können. Wäre Sky nicht der logische Partner?

Grundsätzlich ist es ja so, dass „Liga Total“ als Sendung von Plazamedia (Constantin Medien) und nicht von der Telekom produziert wird, da die Telekom keine Sendelizenz hat. Sollte die Telekom die Rechte bekommen, würde die Sendung vermutlich auch weiterhin von Plazamedia produziert werden. die Telekom die Broadcast Rechte erhalten, könnte sie die Kabelrechte über die regionalen Kabelnetzbetreiber wie Unitymedia und KDG direkt vermarkten. Dies natürlich auch vor dem Hintergrund, dass eine gewisse Verbreitung sichergestellt werden muss. Bei den Satellitenrechten wäre vorstellbar, dass die Telekom diese Rechte nicht weitergibt, sondern diese nutzt, um das eigene T-Entertain Sat in den Markt zu drücken. Das dürfte sicherlich eine Herausforderung sein, denn aktuell hat die Telekom für Entertain Sat etwas weniger als 200.000 Kunden, das ist eine zu geringe Verbreitung. Möglich wäre aber auch ein naheliegendes Szenario: Die Rechte könnten – wie es seinerzeit die Unity-Media-Tochter Arena gemacht hat – an Sky sublizensiert werden.

Interview: Leif Pellikan


Autor: Leif Pellikan

ist Redakteur beim Kontakter und bei W&V. Er hat sich den Ruf des Lötkolbens erworben - wenn es technisch oder neudeutsch programmatisch wird, kennt er die Antworten. Wenn nicht, fragt er in Interviews bei Leuten wie Larry Page, Sergey Brin oder Yannick Bolloré nach.