Dann fiel ein Satz, den ich nicht vergessen werde:

"Well, can we change the User Need?"

Hm, kurz nachgedacht: "Nope!"

Denn: Ja, Sie sind Experte in Ihrem Bereich, aber es geht hier nicht um Sie und Ihre Expertise.

Es geht um Ihre Nutzer, und die sind in Wahrheit unsere Auftraggeber. Es geht um deren Bedürfnisse, deren Kontext – das ist in Wahrheit unser Briefing. Und nur auf dieser Basis können wir ein sinnvolles, nützliches und schönes digitales Produkterlebnis entwickeln.

Fakt ist: Zu oft werden wunderbar interaktive Workshops umgesetzt, alle denken mit den Händen, das Momentum ist enorm – aber alles geschieht aus der falschen Perspektive: der eigenen.

Dabei geht es in erster Linie um echte Empathie und einen reflektierten Perspektivwechsel vom "Ich wünsche mir Feature A" zu "Wie könnten wir dieses Bedürfnis unserer Nutzern besser stillen?"

In der sogenannten "digitalen Transformation" braucht es in den internen Teams ein tiefes Verständnis dafür, wie erfolgreiche digitale Produkte und Erlebnisse entwickelt werden, die ein echtes Bedürfnis treffen. Daumenregel für den nächsten Workshop: Vorschnelle Feature-Ideen lassen sich als Substantive entlarven: "Als Nutzer möchte ich eine pinke Hamburger-Menü-Navigation rechts oben". Echte (Nutzer-)Bedürfnisse dagegen werden oft – ganz wörtlich – verbalisiert:  "Als Nutzer möchte ich mich schnell orientieren".

Der Tag in Boston endet mit fantastischen Ideen, liebevoll auf Post-its skizziert. Allerdings aus einer anderen Perspektive und mit Verständnis für die echten Bedürfnisse und Kontexte der Nutzer. Die teilnehmenden Wissenschaftler und das Produkt-Team haben den Perspektivwechsel vollzogen. Aber vor allem dabei viel miteinander gelacht.


Autor: Christian Hanke

Christian Hanke ist Partner und Creative Director der Designagentur Edenspiekermann. Er berät Auftraggeber wie die Süddeutsche Zeitung, The Economist, Zeit Online und Red Bull bei digitaler Markenführung und innovativen Produkt-Entwicklungen. Seine Kolumne "Quote Of The Day" kommentiert Zitate und andere Nahkampferfahrungen aus alltäglichen "Transformationen", die oft mit Design und Inhalten aber noch öfter mit "digital" zu tun haben.