Corona-Pandemie:
Der Lockdown bringt die Modebranche ins Wanken
Der erneute Lockdown in Deutschland setzt Modehändler und Hersteller unter Druck. Die Befürchtung: Die Branche rechnet mit Umsatzverlusten in Milliardenhöhe und überquellenden Warenlagern.
Der harte Lockdown zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in immer mehr europäischen Ländern trifft die deutsche Bekleidungsindustrie hart. Die wochenlangen Ladenschließungen nicht nur in Deutschland, sondern auch in den wichtigsten Auslandsmärkten wie Österreich, Frankreich und den Niederlanden könnten "im Ergebnis bei vielen mittelständischen Firmen zu einer Insolvenz führen", warnte der Hauptgeschäftsführer des deutschen Modeverbandes GermanFashion, Thomas Lange.
Die deutsche Modeindustrie sei sehr stark vom Export abhängig, mehr als ein Drittel des Umsatzes werde im Ausland gemacht, betonte der Verband. Doch dort sei die Lage genauso fatal wie im Inland. Erstmalig schließe jetzt auch der wichtige Absatzmarkt Niederlande konsequent seine Läden.
"Die deutschen Hersteller sind weiter in der schwierigen finanziellen Situation, zum einen den Einkauf der Ware aus den Produktionsländern abzuwickeln, zum anderen zeichnet sich ab, dass die Order deutlich zurückgeht", sagte Lange. Weitere steuerliche Entlastungen seien deshalb für den gesamten Mittelstand notwendig, ebenso ein Abbau von Bürokratie und eine schnelle Hilfe bei der Umsetzung der Überbrückungshilfen.
Durch die aktuellen Schließungen wird nach Berechnungen der Handelsverbände Textil (BTE), Schuhe (BDSE) und Lederwaren (BLE) der stationäre Fashionhandel nochmals rund sechs Milliarden Euro an Umsatz verlieren. Weitere Berechnungen der Branchenvertreter ergeben, dass sich bis zum voraussichtlichen Schließungsende am 10. Januar 2021 ein riesiger Berg von 300 Millionen Teilen unverkaufter Modeartikel auftürmen wird. Erschwerend hinzu kommt, dass die Läger der Modehändler bereits mit unverkäuflicher Frühjahrsware noch gut gefüllt sind.
Auch die internationalen Player der Branche müssen starke Rückgänge verkraften. Der Moderiese H&M hat im Corona-Jahr 2020 weniger Kleidung an den Kunden gebracht als im Vorjahr. Der Nettoumsatz der H&M-Gruppe sank im Geschäftsjahr von Dezember 2019 bis November 2020 um 18 Prozent auf rund 187 Milliarden schwedische Kronen (etwa 18,3 Mrd Euro). Die Beschränkungen des öffentlichen Lebens, die vorübergehende Ladenschließungen und deutlich weniger Kundschaft in den Filialen hätten vor allem im zweiten Geschäftsquartal zum umfangreichen Umsatzrückgang beigetragen. Aber auch im letzten Quartal, das bei H&M von September bis November läuft, gingen die Zahlen um zehn Prozent zurück.
Der Textilhändler Inditex wiederum hat in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres herbe Einbußen hinnehmen müssen. Zwischen Februar und Oktober sei der Gewinn unterm Strich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um drei Viertel auf 671 Millionen Euro eingebrochen, teilte der Eigner von Modeketten wie Zara, Bershka oder Massimo Dutti am Dienstag im spanischen Arteixo mit. Nach wie vor wirkten sich Corona-Restriktionen auf nahezu alle Geschäfte aus. Insgesamt erzielte Inditex in den neun Monaten einen Umsatz von 14,1 Milliarden Euro. Das sind knapp 30 Prozent weniger als noch vor einem Jahr.