Marketing Communication Expert (m/w/d)

Dominik Wichmann: Der künftige „Stern“-Macher hat am Hamburger Baumwall mit dem Gruner + Jahr-Flaggschiff einiges vor – will das aber nicht mit der Brechstange erreichen.
Ein Blick in die Vergangenheit kann manchmal den Weg in die Zukunft weisen. Dies muss sich wohl Dominik Wichmann gedacht haben, der dem Stern ab April neuen Glanz verleihen will. Aus der Mottenkiste kramt der künftige Chefredakteur des Gruner + Jahr-Flaggschiffs hierfür die alte Rubrik „Die Woche“, die die Noch-Stern-Spitze um Andreas Petzold und Thomas Osterkorn nach ihrem Antritt 1999 abgeschafft hatte. Jetzt greift Wichmann diese Rubrik, etwas verändert, wieder auf. Unter dem Namen „Diese Woche“ will der ehemalige SZ-Magazin-Macher die Leser künftig auf rund zehn Seiten in das Dickschiff vom Baumwall ziehen. Themen aus Politik und Wirtschaft, die medial die Woche bestimmen, soll sein Investigativ-Team weiterdrehen. Begrenzt sind die Artikellängen auf eine Seite.
Mit dem Blattkonzept will der 41-jährige Familienvater, vor seinem Umzug nach Hamburg elf Jahre lang Chefredakteur des Magazins der Süddeutschen, den Stern wieder stärker in die öffentliche Wahrnehmung rücken, um Leser und Auflage zu gewinnen. Doch das ist nicht alles. Der gebürtige Münchner will den Titel so stärker in das Fahrwasser von Spiegel und Focus lenken – ohne den angestammten Markenkern als Illustrierte zu verlassen, die von ihren bildgewaltigen Reportagen lebt.
Wichmanns Umbaupläne sind überfällig. Die verkaufte Auflage des Stern ist auf 780 000 Exemplare geschrumpft. Der Politikwissenschaftler und Absolvent der Berliner Journalisten-Schule steht deshalb vor keinem leichten Job. Behutsam muss der Vorzeige-Journalist, unter anderem mit dem Axel-Springer-Journalistenpreis ausgezeichnet, vor allem verkrustete Redaktionsstrukturen aufbrechen. Eine neue Matrix-Struktur mit Managing Editors und eine Schrumpfkur auf vier Ressorts dürften ihm helfen, sein eigenes Team aufzubauen und alte Zöpfe abzuschneiden.
Redaktionsintern hat sich der seit 2011 amtierende Stern-Vize bereits als Mann positioniert, der eher auf Konsens als auf Konfrontation setzt. Schnell hat er gemerkt, dass er am Baumwall nichts mit der Brechstange erreicht, wenn er die Mannschaft verjüngen will. Äußerungen des Stern-Verlagschefs Thomas Lindner über einen Personalrückgang sind da wenig hilfreich.
Die Feuertaufe steht Wichmann jedoch noch bevor, wenn der G+J-Vorstand im Herbst die weitere Auflagenentwicklung beäugt. In München profitierte er bis zu seinem Ausscheiden im Juni 2011 vom Rückenwind der starken Marke Süddeutsche Zeitung. Um Vertriebszahlen brauchte er sich hier nicht zu sorgen. Das ist nun anders. Jetzt sind gute Titel gefordert. Denn künftig ist sein Erfolg jede Woche messbar.