Kundenzufriedenheit:
Erfolg in Digital setzt Händler stationär unter Druck
Je besser der Online-Shop, desto enttäuschter sind die Kunden von den Filialen vor Ort. Dies ist das Ergebnis des Parthenon-Performance-Rankings 2019, bei dem dm die Nase weit vorn hat.
Größere Auswahl, keine Warteschlangen, übersichtliche Produktpräsentation: Wer einmal die Vorteile des Onlinehandels genossen hat, möchte sie am liebsten auch beim Einkauf in der realen Welt haben. Das bekommen nun auch viele deutsche Händler zu spüren. Indem sie ihre Online-Shops deutlich verbessert haben, haben sie indirekt ihre Filialen geschwächt, wo die Kunden nun eine ähnliche Leistung erwarten. Das ist ein zentrales Ergebnis des Performance-Rankings 2019 der internationalen Strategieberatung EY-Parthenon, das die Kundenzufriedenheit der führenden Händler in mehreren Ländern misst.
Demnach konnten zwar viele Händler die Gesamtzufriedenheit ihrer Kunden steigern. Das gelang ihnen aber vor allem aufgrund ihrer Online-Angebote. In den Filialen sank dagegen bei 80 Prozent der Händler der Wert um durchschnittlich 1,8 Indexpunkten. Und auch wenn knapp die Hälfte der 85 untersuchten Unternehmen mit stationärer Herkunft ihr digitales Angebot verbessern konnten, können sie auf diesem Gebiet immer noch nicht mit den reinen Onlinehändlern mithalten.
Offenbar haben die digitalen Bemühungen vielerorts dazu geführt, dass die Vebesserung der Filialformate mit einer guten Kundenbetreuung vor Ort aus dem Blickfeld geraten sind. "Nach dem vielfach erfolgreichen Online-Einstieg beginnt für den Handel daher eine neue Lernphase - und zwar stationär", sagt Christian Ziegfeld, Partner von EY-Parthenon. Nachdem es hier in den letzten Jahren vor allem um Kostensenkung ging, sei es nun dringend notwendig, "die Rolle der Filialen neu zu überdenken und beispielsweise in Erlebnis und Markenbildung zu investieren".
dm mit Abstand vorn, Primark letzter
Einer, der anscheinend vieles richtig macht, ist dm. Die Drogeriemarktkette führt das Zufriedenheits-Ranking der Top-110-Händler deutlich an, gefolgt vom Schmuckhändler Christ auf Platz zwei und den Rossmann-Drogerien auf Platz drei. Im Lebensmittelbereich kann Edeka nochmal zulegen und dominiert deutlich mit 63 Punkten vor Rewe mit 57,9 Punkten und Aldi mit 57,6 Punkten. Im Bekleidungssegment setzte sich Peek & Cloppenburg (59,4 Punkte) knapp vor Breuninger (59,2 Punkte) und Tom Tailor (58,6 Punkte) durch.
Die größte Steigerung der Gesamtkundenzufriedenheit im Vergleich zum letzten Jahr hat aber Fressnapf erreicht: Der Tierbedarfshändler kletterte von Platz 13 in 2018 auf Platz vier im aktuellen Ranking. Auch Karstadt (von Platz 82 auf 58) und Galeria Kaufhof (von Platz 69 auf 47) zählen zu den Gewinnern. Deren Sprünge nach oben lassen sich unter anderem durch eine jeweils verbesserte Preis-Leistungs-Wahrnehmung und Fortschritten in den digitalen Fähigkeiten erklären.
Eher zu den Verlierern zu rechnen ist dagegen Ikea. Die Schweden sinken in der Kundengunst von Platz vier auf Platz acht ab, hauptsächlich wegen der Vernetzung der Online- und Offline-Aktivitäten (-6,5 Punkte) und beim Service (-3,1 Punkte). Die größten Verluste müssen aber Norma und Primark verkraften, die die Plätze 106 und 110 belegen. Beiden Händlern geben die Kunden schlechte Noten in Bezug auf das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Sortimentsauswahl.
Das Parthenon-Performance-Ranking misst regelmäßig die Kundenzufriedenheit der führenden Händler. In diesem Jahr wurde die Erhebung in vier Ländern durchgeführt, wobei allein in Deutschland mehr als 8000 Konsumenten befragt und über 40.000 Kundenbeurteilungen einbezogen wurden. Das Ranking berücksichtig dabei generelle Elemente des Leistungsversprechens (wie Auswahl, Preis-Leistungs-Verhältnis, Service) wie auch die Attraktivität der Filiale beziehungsweise der digitalen Fähigkeiten jedes Händlers. Hier geht es zu der vollständigen Studie.