3. Spezielle Fälle

Trotz übergeordnetem Juroren-Konsens, irgendwas zu meckern gibt es beim ADC immer. 2017 ging es dabei zum ersten Mal um die bislang in Kreativpreisfragen als unantastbar geltende Agentur Heimat, die mit "Du lebst. Erinnerst Du Dich" die meistausgezeichnete ADC-Arbeit 2017 erzielte. In einigen Jurys wurde indes ein anderes Projekt der Agentur für Hornbach diskutiert, das im Rahmen der Biennale beim deutschen Pavillon umgesetzt wurde. Die dazugehörige Idee stammte von einem Architekten, der Hornbach als Kooperationspartner dazu holte. Im Casefilm und in den Credits soll Heimat dies wenigstens anders suggeriert haben, hieß es an mancher Stelle. Die Aufregung legte sich jedoch rasch, die Arbeit blieb beim Großteil der Jurys im Rennen.

An anderer Stelle haben die Juroren ungewöhnlich entschieden: "Dot. The first Braille Smartwatch", oder zu Deutsch die erste Smartwatch für Blinde (Agentur: Serviceplan/Serviceplan Korea). Die Arbeit ist nach Hornbachs "Du lebst" und "Check it, before it's removed" das drittmeistausgezeichnete Projekt und gewinnt derzeit auch international viele Preise. Nicht selten verschließen sich deutsche Werber gegenüber Serviceplan-Ideen. Die Agentur unterhält im Gegensatz zu anderen hiesigen Konkurrenten eine eigene Innovationsabteilung, die international Ausschau nach guten Ideen auch für Awardangelegenheiten hält. Die Agentur hat die Smartwatch für Blinde nicht erfunden, sondern arbeitet mit dem dafür zuständigen Start-up in Korea zusammen und kümmert sich um die Kommunikation. Der Grand Prix ist sicherlich verdient: Auf ein entsprechendes Projekt muss man erstmal aufmerksam gemacht werden.

Dass der Grand Prix in der Rubrik Design vergeben wurde, ist eine andere Sache. Jedenfalls ist an diesem Beispiel gut zu erkennen, dass sich die ADC-Jurys langsam aber sicher öffnen und von Fragen der eigenen Eitelkeit zugunsten einer auch mal übergeordneten Landesperspektive abweichen.

4. Das Festivalmotto

Der bei Eigenvermarktungsfragen durchaus nicht ungewandte ADC-Präsident Stephan Vogel baut sich beim und mit dem ADC auch eine eigene Bühne. Dieses Mal mit dem Festivalmotto "Disrupting Deutschland. Creativity beats Technology?!". Eingelöst worden sei das nicht, sagten die meisten Kongressbesucher, die sich eher enttäuscht von der Qualität mancher Vorträge zeigten. Vielleicht möchten die Vorstandsetagen der deutschen Industrie auch noch gar nicht unbedingt disrupted werden - wer weiß? Laut ADC-Angaben beläuft sich die kundenseitige Besucherzahl bei den Vorträgen im Rahmen des Kongress mitunter auf bis zu 50 Prozent. Zahlen und Namen stehen bislang noch aus. Beim Vor-Ort-Besuch ließen sich entsprechende Größenordnungen bislang nicht verifizieren. 

5. Der Nachwuchs

Sehr gut kam dafür der ADC-Nachwuchstag am 10. Mai an. Händeschütteln mit Agenturverantwortlichen, Karrieretalks, Mappenchecks - der Kreativclub hat sich diesmal ein umfangreiches Programm einfallen lassen. Einige Programmpunkte waren kostenfrei, andere nicht, und hier hat der ADC noch Nachholbedarf. Bei entsprechenden Vergünstigungen einiger Ticketpreise könnte er seinen Einflussbereich bei Jungen und Nachwuchskreativen nämlich auch über die Top-30-Agenturen hinaus erweitern.

6. Summa summarum 

Gut, professionell und in sehr vielen Teilbereichen deutlich hochwertiger als in den Vorjahren: So lässt sich der ADC 2017 in Kürze am besten beschreiben.


Autor: Daniela Strasser

Redakteurin bei W&V. Interessiert sich für alles, was mit Marken, Agenturen, Kreation und deren Entwicklung zu tun hat. Außerdem schreibt sie für die Süddeutsche Zeitung. Neuerdings sorgt sie auch für Audioformate: In ihrem W&V-Podcast "Markenmenschen" spricht sie mit Marketingchefs und Media-Verantwortlichen über deren Karrieren.