So viel zum PR-Stil, jetzt aber zur Sache. Das juristische Gutachten zur Effie-Affäre ist nämlich nicht so eindeutig, wie der GWA uns glauben machen will. Die Anwälte der Kanzlei Oppenhoff sehen Streraths Rolle durchaus kritisch. Sie stellen beispielsweise fest:

"Bei der Behandlung des fehlerhaften Astra-Cases in Person von Hr. Strerath bestand ein Interessenkonflikt wegen seiner doppelten Rolle als Jury-Präsident des GWA einerseits und Vorstand der Agentur Jung von Matt andererseits, und zwar völlig unabhängig davon, ob Hr. Strerath sich tatsächlich von fremden Interessen leiten ließ. Insofern wäre es geboten gewesen, dass nicht er die Behandlung dieses Falles übernimmt. Dies haben weder Hr. Strerath noch Hr. Faecks berücksichtigt."

Die Kanzlei sieht zwar "keine Anhaltspunkte für ein absichtsvolles, planvolles Vorgehen zur Verheimlichung von Handlungen", aber so "eindeutig", wie der GWA diesen Satz zitiert, ist das Gutachten nicht. Denn im gleichen Absatz urteilen die Juristen:

"Die Änderung der Finalisten-Liste im Nachgang zu der Vereinbarung über die Behandlung des Astra-Cases erfolgte nicht mit der gebotenen Transparenz".

Gar nicht eindeutig ist auch dieses Ergebnis:

"Dass es bei der Aufklärung des Vorganges und der Abstimmung der Lösung zu einem Bruch der Verschwiegenheitspflichten durch Hr. Strerath oder andere Beteiligte gekommen ist, können wir weder bestätigen noch ausschließen (beide Möglichkeiten sind plausibel)".

Noch bedenklicher ist, dass das Thema Compliance überhaupt nicht untersucht wurde. Es sei "nicht Teil des Auftrages gewesen", schreiben die Anwälte Jürgen Hartung und Günter Seulen in ihrem Gutachten.

Man muss das wohl so verstehen: Die Agenturbranche staunt über schwere und justiziable Vorwürfen gegen einen ihrer wichtigsten Repräsentanten, und der GWA konzentriert sich bei der juristischen Untersuchung auf Satzungsformalitäten bei der Effie-Verleihung. Das ist entweder weltfremd oder einseitig. Auf jeden Fall ist es zu wenig. Eindeutig.


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Autor: W&V Redaktion

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