Mediaplus-Chef Andrea Malgara:
Der Mediatrend 2018: Relevanz, Relevanz, Relevanz
Die Menschen werden immer klüger, einzigartiger, werberesistenter, aber auch fahriger. Mediaagenturen müssen darauf ihre Antworten finden, empfiehlt Mediaplus-Chef Malgara.
Drei große Trends werden das Mediageschäft in den kommenden Jahren bestimmen: Die Debatte um Zielgruppen, das Zuviel an Content und die geringe Aufmerksamkeitsspanne der Menschen. Themen, mit denen Mediaagenturen umgehen lernen müssten.
In einer Präsentation vor dem Publikum der Steinbeis-School of Management + Innovation in München hat Andrea Malgara, Chef der Mediaplus-Gruppe, seine Visionen für 2018 und die Zukunft vorgestellt.
- Demnach ließen sich erstens Zielgruppen nicht mehr standardmäßig definieren. Längst nicht mehr. Die Menschen in ihrem Streben nach Individualität seien so einfach wie früher gar nicht mehr zu fassen. Auch was Männer und Frauen angeht - das Mehr an Bildung sorge dafür, dass sich das Rollenverständnis modernisiere, Erwerbsarbeit zum Beispiel beiden Geschlechtern gleich wichtig sei. Außerdem tummeln sich die Menschen dank Digitalisierung auf mehr Medien denn je.
- Zweitens: der liebe Content. Davon gebe es mehr, als die Menschen verarbeiten könnten. Nur relevanter Content wird sich also noch durchsetzen. Oder solcher, der intensiv beworben wird. Eine These, die ja schon Jung-von-Matt-Vorstand Thomas Strerath zuletzt vehement vertreten hatte.
- Und letztlich die Aufmerksamkeitsspanne. Ein Goldfisch kommt auf neun Sekunden, ein Junge könne sich gerade mal acht Sekunden auf etwas konzentrieren, sagt Malgara und stützt sich dabei auf Studien. Kein Wunder - sind soch Sechssekünder im Netz gerade En Vogue (Lesen Sie dazu bald mehr in W&V-Ausgabe 5/2018 vom 29. Januar).
Dazu kommen einige spezifische Probleme der Automatisierung: Sorgen um die Sicherheit der Marke im Netz ("Brand Safety"): Wo wirbt sie, in welchem Umfeld? Wie durchbreche ich die "walled gardens" der GAFAs dieser Welt, also Google, Amazon, Facebook? Wie gehe ich mit Adfraud um, und wer um Himmels Willen kann all die Millionen Daten analysieren, die inzwischen gesammelt werden.
Centric löst die Debatte Reichweite vs. Targeting ab
Was das alles bedeutet? Klar will der Mediamann seinen Zuhörerinnen und Zuhöreren damit vor allem sagen, dass seine Agentur dafür die besten Lösungen bereit hält. Interessant ist die Gemengelage aber trotzdem. Denn die Frage lautet doch: Wie kann ich die Menschen mit meinen Werbebotschaften überhaupt noch erreichen?
RELEVANZ lautet Malgara zufolge das Stichwort - und dieser Weckruf ergeht an die gesamte Kommunikationsbranche. Nicht Reichweite vs, Targeting - Relevanz durch Kundennähe. "Customer Centricity" lautet das dazugehörige Buzzword, Malgara nennt es "user centric". Marken sollten den Konsumenten bei seiner Reise durchs Netz und die Welt möglichst sinnvoll begleiten. Vorher müssten aber viele Unternehmen erstmal ihre Silos abbauen.
Wie das geht? Jeder Mediaexperte hat da so seine eigenen Vorstellungen. Für Mediaplus gehört dazu, um die drei Ausgangstrends aufzunehmen, dreierlei: Personas lösen Zielgruppen ab (1), die mit relevantem Content (2) erreicht werden, der ihre Interessen trifft. Das geht vielleicht auch in acht Sekunden (3). Ein Beispiel aus dem Hause Mediaplus ist Mini: Drei Personas, eine Dachmarkenkampagne, die unterschiedliche Features bewirbt. Dann wirke die Media auch.
Ewige Revolution
Jede Mediaagentur müsse dazu neben ihren klassischen Disziplinen wie Strategie, Planung, Buying, Trading investieren in
1) Business Intelligence und Daten-Analyse,
2) Programmatic und
3) Content Marketing.
Klar: Mediaplus hat das alles schon gemacht. Man befinde sich eben in einer permanenten Revolution, zitiert Malgara Leon Trotsky, und meint damit "die permanente Beta-Realität". Die Frage allerdings, warum der Werber einen Vorkämpfer des Sozialismus heranzieht, um sein Geschäftsmodell zu erklären, bleibt offen.