Till Diestel/Adam & Eve DDB:
"Deutschen Filmen fehlt die Storytelling-Qualität"
Adam & Eve DDB gehört zu den 50 Traum-Arbeitgebern für Kreative. Der Deutsche Till Diestel arbeitet als Kreativdirektor bei der Londoner Agentur. W&V-Redakteurin Daniela Strasser hat am Rande der LIA-Jurysitzung mit ihm gesprochen.
Adam & Eve DDB gehört zu den 50 Traum-Arbeitgebern für Kreative. Der Deutsche Till Diestel arbeitet als Kreativdirektor bei der Londoner Agentur. W&V-Redakteurin Daniela Strasser hat am Rande der LIA-Jurysitzung mit ihm gesprochen. Der 32-jährige langjährige Serviceplan-Werber war dort in diesem Jahr Mitglied der Filmjury (einen ausführlichen Bericht zu den London International Awards lesen Sie in der aktuellen W&V-Ausgabe 45/2016).
Sind die LIA-Awards das bessere Cannes, Herr Diestel?
Sie verfügen zumindest über den besten Jurierungsprozess, den ich bislang gesehen habe. Es handelt sich – und das meine ich im positivsten Sinn – um so eine Art Mini-Cannes. Alles wirkt sehr familiär, ist super organisiert, man findet deutlich schneller zusammen als beispielsweise in Cannes.
Welche Arbeiten haben die Jury besonders beeindruckt? Was war neu?
Obwohl ich nicht in der betreffenden Jury saß, hat mich die neue Kategorie „Visual Identity“ begeistert, denn darum geht es zukünftig noch viel mehr in unserer Branche. Außerdem wird die Rolle der Musik in der Kreation wichtiger, auch das war auffällig.
Gutmenschentum war in den zwei Vorjahren das Nonplusultra bei Kreativpreisen. Ist das nach wie vor so?
Ja, bei den Einreichungen waren extrem viele Social-Arbeiten dabei. Was mir manchmal fehlt, sind humorige, witzige Arbeiten mit wirklichen tiefen Insights.
Wie gut stehen die deutschen Arbeiten im internationalen Vergleich da?
Man merkt nach wie vor deutliche Qualitätsunterschiede, speziell bei den Spots aus Deutschland. Internationale Filme sehen anders aus, den meisten Deutschen fehlt die Storytelling-Qualität. Das lässt ihre Filme im Vergleich zu anderen schwächer wirken.
Hat Deutschland auch noch ein Problem mit zu vielen Social-Arbeiten?
Ja. Die Deutschen müssen vor allem mehr auf echten Kunden machen. Anders gesagt: Deutsche Kreative produzieren noch immer viel zu viele Arbeiten, die nur die Juroren in Kreativwettbewerben zu sehen bekommen. Wenn Sie die internationalen Abräumer wie zum Beispiel Geico im Vergleich ansehen: Die laufen tatsächlich breitenwirksam im Fernsehen. Das muss das Ziel sein. Die Zeit, die in Deutschland in Einmalarbeiten fließt, könnte man besser in andere Projekte investieren.
Über Till Diestel:
Der 32-jährige deutsche Werber arbeitet als Kreativdirektor bei der Londoner Agentur Adam & Eve DDB. Diestel war acht Jahre lang für Serviceplan tätig, bevor er 2014 nach England ging. Bei Adam & Eve DDB arbeitet Diestel auf Kunden wie John Lewis, H&M, Sky, Skittles und Lipton.