Da stellen sich mir unwillkürlich ein paar Fragen: Brauchen wir diese ganzen hochspezialisierten Digital-Fachkräfte wirklich? Wer hat so viele Bürostühle, um sie menschenwürdig unterzubringen? Und sollte es nicht viel eher Pflichtprogramm für „klassische“ Kreative sein, sich endlich aus ihrer Comfort Zone herauszuwagen und sich entsprechend digital weiterzubilden?

Gehört es nicht einfach zum heutigen Handwerkszeug eines Werbetexters, nicht nur die klassischen Disziplinen, sondern auch den Bereich SEO zu beherrschen – und zu wissen, wie man Informationen für Websites nicht nur sinnvoll strukturiert und aufbereitet, sondern auch Google-gemäß optimiert? Ist es wirklich zu viel verlangt, wenn ein Art-Direktor im Jahr 2017 nicht nur hervorragende Plakate, Anzeigen und Broschüren gestalten kann, sondern auch weiß, worauf es beim Design von richtig guten Websites und Bannern ankommt? 

Auf Kundenseite wird schließlich ähnlich gedacht. Kaum ein Mittelständler kann es sich erlauben, neben den üblichen Marketingpositionen in Klassik und Digital auch noch jeweils einen eigenen Verantwortlichen einzusetzen für Tierfutter-SEO, Stahlschrauben-SEA oder Fahrradschlauch-Fotos auf Instagram.

Ja, die Welt ist komplizierter geworden. Anspruchsvoller. Fordernder. Tut mir auch leid. Aber die Antwort darauf kann nicht sein, immer mehr Spezialberufe zu erfinden. Nein, wir alle müssen einfach mehr können. Wir brauchen Multitalente, die ganzheitlich denken. Keine Fachidioten.

Über den Autor: Hans Neubert ist Creative Director und Partner bei der Münchner Agentur Sassenbach Advertising. Der Texter und Konzeptioner verantwortet den kreativen Output der Agentur und kümmert sich gemeinsam mit Geschäftsführer Peter Metz auch um das Neugeschäft. Davor arbeitete der Kreative unter anderem bei Jung v. Matt, Heye und Partner und Q Werbeagentur (heute Hello München). Hans Neubert ist Mitglied im Art Directors Club für Deutschland (ADC).

 


W&V Redaktion
Autor: W&V Redaktion

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