Fall Jonen:
Freelancer: Was zu tun ist, wenn der Auftraggeber nicht zahlt
Vor einer Woche hat der Fall Jonen Schlagzeilen gemacht: Der Webdesigner hatte die Website seines Kunden wegen angeblich unbezahlter Rechnungen einfach vom Netz genommen. Es gibt Fälle, in denen diese Maßnahme tatsächlich erlaubt ist.
Vor einer Woche hat der Fall Frank Jonen branchenweit Schlagzeilen gemacht: Der Webdesigner hatte die Website seines Auftraggebers Fitness SF wegen angeblich nicht bezahlter Rechnungen einfach vom Netz genommen. "Verbotene Selbstjustiz", ein klassisches "Eigentor" des Freelancers - lauteten daraufhin etliche der Kommentare. Aber es gibt tatsächlich Fälle, in denen diese außergewöhnliche Maßnahme erlaubt ist - jedoch nicht, wenn die Domain wirklich dem Auftraggeber gehört. W&V Online hat bei dem Münchner Rechtsanwalt Florian Steiner (Kanzlei Schotthöfer & Steiner) nachgefragt, wie sich Freelancer - aber auch Auftraggeber - in solchen Situationen verhalten sollen, und wie man Streit am besten ganz aus dem Weg gehen kann.
"Der Webdesigner darf seine Leistung grundsätzlich nicht zurückbehalten, da er vorleistungspflichtig ist und der Werklohn erst mit Abnahme fällig wird. Dies ist anders zu beurteilen, wenn eine so genannte Teilleistung vorliegt, für die eine Abschlagsforderung verlangt wird. In diesem Fall steht dem Webdesigner ein Zurückbehaltungsrecht zu bis die Abschlagsforderung bezahlt wird (er kann dann die Webseite vom Netz nehmen). Die alte Webseite - sofern vorhanden - sollte dann aufgrund eines Backups wieder online gebracht werden können. Gehört die Domain allerdings dem Auftraggeber, darf sie weder umgeschrieben noch blockiert werden. Die Nutzungsrechte an Texten und Bildern auf der Webseite des Unternehmers können dazu urheberrechtlich geschützt sein und dürfen daher nicht gelöscht werden oder als Druckmittel verwendet werden. Vor der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts müssen die Voraussetzungen genauestens geprüft werden (Haftungsgefahr).
Da der Begriff der Teilleistung (s.o.) nicht mit hinreichender Klarheit bestimmt werden kann, das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer solchen jedoch eine enorme Auswirkung hat, sollte eine klare vertragliche Vereinbarung getroffen werden, dass nach Erreichen von bestimmten Zielen ein Betrag X gefordert werden kann (d.h.: Leistungsstufen festlegen).
Allgemein gilt:
- Die vereinbarte Vergütung sollte schriftlich mit Zustellungsnachweis (z.B. Einschreiben mit Rückschein) angemahnt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Abnahme der Leistung erfolgt ist.
- Sollte nach der Mahnung und der gesetzten, angemessenen Frist keine Zahlung eingegangen sein, dann kann Schadenersatz gefordert werden und auch die Verzugskosten (z.B. Anwaltskosten, Zinsen...) wären dann vom Vertragspartner zu ersetzen.
- Sollte der Webdesigner seinerseits nicht pünktlich liefern, sollte der Auftraggeber ihm eine Nachfrist setzen. Der Zugang des Schreibens sollte nachweisbar sein. Liefert er dann nicht, kann der Auftraggeber einen anderen Designer beauftragen. Die möglicherweise entstehenden Mehrkosten müsste dann der Webdesigner tragen."