Besonders viel tut sich gerade in der Hotelbranche. Viele Gäste nervt das Schlange stehen an der Rezeption, wenn man ohnehin müde vom Tag im Hotel einläuft. Die französische Hotelkette Accor bietet Gästen schon seit einiger Zeit eine Check-in-App und will künftig neue Hotels ganz vom Empfangstresen befreien. Stattdessen sollen Hotelmitarbeiter mit mobilen Laptops auf die Gäste zugehen und so lästige Wartezeiten verhindern.

Die Hotelgruppe Four-Seasons arbeitet sogar laut einem "FAZ"-Bericht an einem Algorithmus, der aus früheren Buchungen erkennt, welche Zimmer und Matratzenart ein Gast bevorzugt. In nicht allzu ferner Zukunft könnte man per Smartphone sogar vorab Raumtemperatur, Lichtstimmung, Kopfkissenart, Musik und die Befüllung der Minibar beeinflussen. So dass sich ein Hotelzimmer dann wirklich wie ein zweites Zuhause anfühlt.

Auch weniger aufregende Branchen können von neuen Serviceangeboten profitieren. So bestellen immer mehr Deutsche im Internet. Zwei Drittel mindestens einmal im Monat und das vor allem aus Bequemlichkeit, was natürlich auch eine Studie festgestellt hat. Dabei schätzen es die Deutschen informiert zu werden, wann ihr Paket eintreffen soll. In Finnland ist die Post bei der Auslieferung einen Schritt weiter gegangen. So wird der Empfänger nicht nur informiert, wann das Paket kommt, sondern auch wie schwer es ist. Was bei sperrigen Gegenständen dazu führt, dass Pakete eher nach Hause umgelenkt werden. Wer will schon mit einem Riesenpaket in der U-Bahn nach Hause fahren?  Einen weiteren Service-Unterschied könnten Zusteller machen, wenn Besteller etwa ein individuelleres Lieferzeitfenster wählen könnten.

Gerade die zunehmende Vernetzung von Off- und Online-Welt wird zum Lackmustest für die Unternehmen. Die reibungslose Synchronisation der verschiedenen Kundenkanäle wird heute von Kunden erwartet und kann zum K.O.-Kriterium werden. Wer möchte schon beim Anrufen des Call-Centers jedes Mal wieder bei Adam und Eva anfangen, um sein Problem zu schildern, das man schon schriftlich eingereicht oder zwei Tage vorher einem anderen Mitarbeiter erzählt hat. Hürden dieser Art gibt es immer noch zuhauf.

Es müssen also gar nicht immer die weltbewegenden Innovationen sein, die einen Kunden happy machen. Auch kleine, aber unmittelbar erlebbare Schritte im Service können das Leben der Verbraucher ungeheuer vereinfachen. Und damit Kunden jenseits von Produktqualität begeistern und binden. Wer schnell und clever Service als strategisches Marketinginstrument einsetzt, hat noch die Nase vorn und macht sich darüber hinaus unabhängiger von Preisschlachten.

Über den Autor:
W&V-Kolumnist Benedikt Holtappels ist Mitgründer von Grimm Gallun Holtappels in Hamburg. Nach dem Verkauf der Kreativschmiede an Lowe + Partners gehört er nun zur Geschäftsführung der umfirmierten Agentur GGH Lowe.