Interview:
Oliver Blecken zum Ranking-Streit: "Eine Idee per se ist nicht effektiv"
Als vergangene Woche die Mediaagenturen plötzlich aus dem GWA-Effectiveness-Ranking verbannt wurden, war bei den Mediaspezialisten der Ärger groß. Mediacom-Chef Oliver Blecken spricht im W&V-Interview über das komplizierte Verhältnis zwischen Kreativ- und Mediaagenturen.
Als vergangene Woche die Mediaagenturen plötzlich aus dem GWA-Effectiveness-Ranking verbannt wurden, war bei den Mediaspezialisten der Ärger groß. Mediacom-COO Oliver Blecken ist überzeugt, dass eine falsche Sichtweise den GWA zu seinem Schritt veranlasst hat. "Eine Idee per se ist nicht effektiv", so Blecken: "Sie entfacht ihre volle Kraft und Wirkung erst, wenn sie als Treibstoff für ein perfekt entwickeltes und in sich optimiertes Kommunikationssystem genutzt wird."
Der Mediacom-Chef spricht im W&V-Online-Interview über das komplizierte Verhältnis zwischen Kreativ- und Mediaagenturen.
Herr Blecken, Kreativ- und Mediaagenturen scheinen sich nicht besonders lieb zu haben. Täuscht dieser Eindruck?
Ja. Wir arbeiten außerordentlich gut und partnerschaftlich mit allen Agenturpartnern zusammen. Anders würden sich auch gar nicht solche phantastischen Ergebnisse erzielen lassen, wie sie vom GWA in der vergangenen Woche honoriert worden sind. Dass wir als Mediacom für unsere Kunden fünf Effies gewinnen konnten, unterstreicht die bereits gelebte Zusammenarbeit von Kreativ-, Strategie-, Digital- und Media-Agenturen.
Der Rausschmiss der Mediahäuser aus dem GWA-Effectiveness-Ranking hat Sie ziemlich verärgert. Können Sie die Begründung des GWA für diesen Schritt nachvollziehen?
Der Kern der Begründung des GWA ist die Unterscheidung zwischen Effektivität und Effizienz. Kreativagenturen wären durch Idee und Strategie per se für die Wirksamkeit und Effektivität verantwortlich, die Rolle der Mediaagentur wird auf die Effizienz reduziert. Ich glaube, das ist eine falsche Sichtweise. Vergleichen Sie das mit der Formel1: Da reicht es auch nicht, ein tolles Chassis zu entwickeln. Erst wenn Sie dazu die besten Reifen haben, den besten Motor und alle Elemente optimal miteinander verzahnen, dann gewinnen Sie Rennen. Red Bull kann dieses Jahr ein Lied davon singen. So ist das auch in der Kommunikation: Eine Idee per se ist nicht effektiv. Sie entfacht ihre volle Kraft und Wirkung heutzutage erst, wenn sie als Treibstoff für ein perfekt entwickeltes und in sich optimiertes Kommunikationssystem genutzt wird.
Bei Digital-, PR-, Promotion- oder Eventagenturen wird die Trennung der Aufgaben nicht so stark betont. Warum gibt es da keine Probleme?
Diese Frage müssen Sie dem GWA stellen. Dass diese Trennung in dem Moment vorgenommen wird, in dem erstmalig in der Geschichte des Effectiveness-Rankings eine Mediaagentur die Führung übernommen hätte - ein Schalk, wer Böses dabei denkt.
Kommen sich Media- und Kreativagenturen heute öfter ins Gehege als das früher der Fall war? Und wenn ja: Woran liegt das?
Idee und Kanal, Content und Connection lassen sich heute nicht mehr getrennt voneinander betrachten. Und natürlich ist es ideal, wenn beides gemeinsam entwickelt wird. Aus diesem Grund haben wir schon vor Jahren unsere Division Mediacom Beyond Advertising gegründet, die integrierte Kampagnen entwickelt und umsetzt. Allein in 2014 z.B. "Band sucht Bleibe" für die Bausparkasse Schwäbisch Hall, "Das Fanauto" für Volkswagen und die aktuelle "Tough enough"- Kampagne für Dell. Das waren Kampagnen, bei denen wir uns teilweise in Pitches gegen andere Kreativagenturen durchsetzen konnten und somit unsere Rolle als "Content & Connections"- Agentur auch durch den Kunden explizit verstanden und gefordert wurde.
Der GWA hat jetzt ein eigenes Ranking für Mediaagenturen angekündigt. Ist das für Sie o.k.?
Wir haben ja durch das unabhängige Institut RECMA schon ein sehr umfassendes, transparentes und im Markt etabliertes Ranking für Mediaagenturen. Dort fließen jetzt übrigens auch die Resultate der sieben wichtigsten nationalen und internationalen Wettbewerbe ein. Ich bin gespannt, zu welchen Ergebnissen wir hier kommen werden. - Grundsätzlich hätte ich es aber sehr begrüßt, wenn wir einen Gesamtblick auf den Markt behalten hätten. Das wäre sicher auch ein USP für den GWA gewesen.
Interview: Markus Weber