Döpfner: "Smartphones und Tablets sind Zeitungen der Zukunft"
Ein Jahr nach der Einführung kostenpflichtiger Digital-Angebote zieht Springer eine Zwischenbilanz: Rund 540.000 Abos und 811.000 Downloads hat der Konzern seitdem verkauft. Von heute an liegt auch die iPad-App der "Bild" im App-Store.
Knapp 540.000 Abos und gut 811.000 Downloads hat Axel Springer ein Jahr nach Einführung kostenpflichtiger Mobile-Angebote verkauft. Diese Zwischenbilanz zog der Verlag am Dienstag. Allein die iPhone-App der „Bild“-Zeitung hat sich über 400.000 Mal verkauft. Als „äußerst ermutigend“ bezeichnet Springer-Chef Mathias Döpfner dieses Ergebnis. Zwar sei es noch zu früh, um die langfristige Entwicklung der Zahlungsbereitschaft für journalistische Digitalangebote abschließend zu bewerten, so Döpfner. Zudem seien die Umsätze mit Blick auf das Printgeschäft „derzeit noch vergleichsweise niedrig“. Ein erfolgreicher Anfang sei jedoch gemacht.
"Smartphones und Tablet-PCs sind die Zeitungen der Zukunft", bilanzierte Döpfner. Springer sieht vor allem in den mobilen Surfbrettern eine Chance für den Journalismus: "60 Prozent der iPad-Nutzer lesen heute schon journalistische Inhalte." Bis 2014 werde es mehr mobile als stationäre Internetanschlüsse geben. "Vielleicht ist die Entwicklung wesentlich dynamischer, als wir heute glauben", sagt Döpfner. "Der Transfer zu Bezahlinhalten mag schwierig sein, aber wir müssen es versuchen."
Unter den rund 15 Angeboten gegen Gebühr sind neben iPhone- und iPad-Apps auch die sogenannten Freemium-Modelle der Websites von „Hamburger Abendblatt“ und „Berliner Morgenpost“, die eine Mischung aus kostenlosen und kostenpflichtigen Inhalten liefern. Sie verbuchten zusammen rund 11 400 Verkäufe (Abos über einen, drei oder zwölf Monate) und 4200 Tages-Sessions. Die teilweisen Bezahlschranken "haben den Traffic nicht beeinträchtigt", sagte Döpfner.
Seit heute ist auch eine iPad-Variante von „Bild“ im App-Store erhältlich, genannt „Bild HD“ (für High Definition). Sie gleicht auf den ersten Blick der Printversion; die Struktur der App orientiert sich am Blatt. "Wir wollen den Leuten das Gefühl geben, sie hätten eine Zeitung in der Hand", erklärt Michael Paustian, Vize-Chefredakteur der "Bild". Die App sei "aber programmiert wie ein Computerspiel".
Für überraschende Animationen und Effekte haben die Entwickler auf Gaming-Technologien zurückgegriffen: So muss der Leser, um einen Bericht über die Wüste lesen zu können, erst einmal virtuellen Sand wegwischen. Jürgen Klopp, Trainer von Bundesliga-Tabellenführer Borussia Dortmund, hatte sich gegenüber einem "Bild"-Reporter geweigert, eine Meisterschale aus Pappe anzunehmen - in der iPad-Variante kann der Leser versuchen, ihm die Schale in die Hand zu drücken. In punkto Aktualität entspricht die Tablet-"Bild" einem Online-Medium: Sämtliche Inhalte von bild.de werden in die App intergriert und für die iPad-Optik neu aufbereitet. Bei Breaking News ändert sich die Startseite.
Anfang kommenden Jahres stellt Springer selbst entwickelte Produktionstool als Open-Source ins Internet. Paustian: "Wir glauben daran, dass es noch viele Möglichkeiten gibt, die wir noch nicht kennen." Der Hintergrund: Springer hofft, dass weitere Verlage die Technologie für eigene Paid-Content-Angebote nutzen werden. Die Berliner Neofonie Mobile GmbH hat die technische Umsetzung der Applikation realisiert.
Zum Start der App will Springer die Online-Seite bild.de auf dem iPad sperren. So sollen möglichst viele Abonnenten für die Bezahl-Variante gewonnen werden. Donata Hopfen, Geschäftsführerin Bild Digital: "Wenn 'Bild' das nicht schafft, wer dann?" Eine Kampagne in Print, TV und Online (Jung von Matt/Alster) begleitet den Start der iPad-„Bild“.
Zunächst bietet Springer die iPad-„Bild“ eine Woche lang für 79 Cent an. Danach kostet eine Ausgabe 79 Cent, das Monats-Abo 12,99 Euro und das Jahres-Abo 129,99 Euro. Bis Ende Januar zeigt Volkswagen als exklusiver Werbepartner neue Werbeformen. Ab Januar laufen Anzeigen aus der gedruckten "Bild" auch in der iPad-Ausgabe mit.
Ab sofort ist auch die im Frühjahr gestartete Kiosk-App "iKiosk" im stationären Internet als Beta-Version verfügbar. Dort können Nutzer unter gut 30 digitalen Angeboten ein Abonnement wählen.
"Die depressive Phase nähert sich ihrem Ende", schlussfolgerte Mathias Döpfner. "Wir stehen vor einer Renaissance des Mediensektors."