Heiko Maas in der Kritik:
Facebook wehrt sich gegen deutsches Social-Media-Gesetz
Facebook lehnt das Gesetz gegen Hass im Netz ab. Das soziale Netzwerk hält die Pläne von Justizminister Maas für "ungeeignet".
Facebook wehrt sich mit scharfen Worten gegen das von Justizminister Heiko Maas geplante Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz. Der Entwurf sei verfassungswidrig, zu unklar formuliert und könne die Meinungsfreiheit einschränken, kritisierte das weltgrößte Online-Netzwerk in seiner ersten ausführlichen Stellungnahme zu dem Entwurf. Zudem gebe es das Risiko, dass sich mehr Menschen radikalisierten, weil sie auf nicht regulierte Plattformen abwandern.
Der Entwurf sieht vor, dass offenkundig strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden sollen. In komplizierteren Fällen bekommen die sozialen Netzwerke sieben Tage Zeit. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro.
Gegen den Gesetzentwurf gibt es bereits erheblichen Widerstand, unter anderem von Journalisten- und Wirtschaftsverbänden. Maas will ihn noch vor der Sommerpause durch den Bundestag bringen. Wenn ihm das nicht gelingt, wäre der Gesetzentwurf mit Ablauf der Wahlperiode nichtig.
"Private soziale Netzwerke unter Androhung von Bußgeldern zu verpflichten, Posts zu löschen, kann ein effektives Mittel sein, um kritische politische, gesamtgesellschaftliche oder themensensible Meinungsäußerungen aus den sozialen Netzwerken zu verbannen", warnte Facebook in einer elfseitigen Stellungnahme.
Facebook befürchtet demnach, dass am Ende zur Sicherheit auch legitime Beiträge entfernt werden. Alle Online-Netzwerke würden sich "die Frage stellen, ob sie bei einem - wie praktisch häufig - nicht eindeutigen Ergebnis ihrer Prüfung zur Vermeidung von hohen Bußgeldern Beiträge eher löschen als bestehen lassen". So könne für Nutzer "der Eindruck entstehen, dass private soziale Netzwerke legitime Beiträge auf staatlichen Druck zensieren". Eine mögliche "unbeabsichtigte Folge" könne sein, dass solche Nutzer auf andere, nicht regulierte Plattformen abwandern.
Zudem beklagt Facebook unpräzise Formulierungen wie eine unscharfe Definition des Begriffs "soziales Netzwerk". Bei der Bagatellgrenze von zwei Millionen Nutzern, ab der das Netzwerkdurchsetzungsgesetz greifen soll, bleibe unklar, auf welchen Zeitraum sich die Zahl bezieht und wie dabei mit Mehrfach- oder Fake-Accounts umgegangen werde. Der Entwurf sei "mit dem verfassungsrechtlich garantierten Bestimmtheitsgrundsatz unvereinbar", resümierte Facebook
Facebook glaube, dass das aktuelle System der Selbstregulierung "vielversprechend" sei und ausgebaut werden müsse. "Der Rechtsstaat darf die eigenen Versäumnisse und die Verantwortung nicht auf private Unternehmen abwälzen. Die Verhinderung und Bekämpfung von Hate Speech und Falschmeldungen ist eine öffentliche Aufgabe, der sich der Staat nicht entziehen darf."
Maas teilte zuvor ebenso gegen das soziale Netzwerk aus. Er hat vor dem Hintergrund der Enthüllungen von Facebooks internen Anweisungen im Umgang mit Hass- und Gewaltinhalten mehr Transparenz gefordert. "Meine Vorbehalte haben sich leider bestätigt: Die Kriterien wirken teilweise völlig willkürlich und widersprüchlich", sagte er dem "Spiegel". Sein eigener Gesetzentwurf gegen Hasskriminalität orientiere sich dagegen "klar am Strafrecht".
Der britische "Guardian" hatte Anfang der Woche interne Anweisungen an Facebook-Mitarbeiter veröffentlicht. "Und dass diese Informationen nur durch ein Leak öffentlich wurden, zeigt überdeutlich, dass wir die sozialen Netzwerke endlich zu mehr Transparenz verpflichten müssen", sagte Maas. Aus den vom "Guardian" geleakten Unterlagen geht hervor, dass Facebook zum Beispiel nur "glaubhafte" Morddrohungen und Kindesmisshandlung oder Tierquälerei unter bestimmten Bedingungen löschen will. "Kein Wunder, dass Facebook die eigenen Vorgaben bislang geheim hält und es auch keinem Externen ermöglicht, sich vor Ort bei den Entscheidern ein Bild zu machen." (mit dpa)