W&V: Wollen Sie mit dem Buch eine Art Lebenshilfe geben?

Evsan: Was einem Menschen in seinem Leben hilft, kann nur jeder Einzelne für sich selbst entscheiden. Alles was ich tun kann, ist, den Interessierten meine persönlichen Erfahrungen und Ansichten zur Verfügung zu stellen, damit sie sich vielleicht ein differenzierteres Bild machen können. Es ist mir schon immer in meiner Arbeit wichtig gewesen, Denkanstöße zu geben, Ideen mit anderen zu teilen, manchmal mehr, als sie selbst umzusetzen. Es liegt mir eben nicht, nur Probleme zu beschreiben, ich möchte auch gleich mögliche Lösungen mit anbieten und Dinge vorantrieben.

W&V: Nennen Sie die Probleme.

Evsan: Ein Beispiel: Der Konsum des Internets nimmt überhand. Es wird zu wenig über ein allgemeines persönliches Verständnis der Zwänge und Freiheiten in der digitalen Welt geschrieben und diskutiert. In meinem Denken existiert ein Recht auf digitale Selbstbestimmung. Es leitet sich meiner Meinung nach aus dem Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" ab, einem Begriff, den das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der Volkszählung im Jahr 1983 prägte. Die digitale Selbstbestimmung kann nur jeder Einzelne für sich selbst fordern und umsetzen. Ich kann diesen Aspekt hier wegen der Komplexität leider nur anreißen, ich habe das Thema in "Der Fixierungscode" ausführlich behandelt und komme - soviel kann ich verraten - zu dem Schluss, dass nur die Durchsetzung des Rechts auf digitale Selbstbestimmung uns vor den Angriffen der digitalen Supermächte retten kann - als Staat und als Individuum.

W&V: Sie haben mit Sevenload ein erfolgreiches Internetunternehmen gegründet. Stecken Erfahrungen in diesem Buch?

Evsan: "Der Fixierungscode" aber geht weit über die Idee hinter Sevenload hinaus, denn in diesem Buch habe ich den Blick auf der Basis der in der Vergangenheit gesammelten Informationen nach vorn gerichtet. Dieses Buch ist aus meiner persönlichen Sichtweise geschrieben, es ist eben keine Autobiographie, denn es befasst sich mit der heutigen Situation des Internets in Deutschland. Dabei ist es mir besonders wichtig, dass jeder Leser etwas aus dem Buch "mitnehmen" und in seinen digitalen Lebensbereich umsetzen kann.

W&V: Würden Sie das Buch an sich im Internet-Zeitalter als veraltetes Medium ansehen?

Evsan: Wo wären wir ohne die Bücher an sich? Ich betrachte ein gutes Buch als eine Ideensammlung, die mir neue Horizonte eröffnet. Die Form des Buchs, ob als Hardcover, als Hörbuch oder als digitales Buch auf einem E-book-Reader, das sind doch äußere Formen, die sich nur durch die Verwendung unterscheiden. Auf Geschäftsreisen greife ich eher zum E-Book-Reader, weil ich mir dann das Buch aussuchen kann, das ich gerade lesen will. Im Zug nehme ich die Hörbücher und Zuhause bevorzuge ich die Hardcover-Printausgabe, weil Bücherlesen und das "Buch in der Hand halten" immer noch etwas Besonderes ist. Damit will ich sagen, dass mein Umgang mit Printausgaben eher noch respektvoller geworden ist, seit es elektronische Bücher gibt.