Bewegtbild ist generell ein Trendthema, das nicht nur Facebook, sondern der ganze Markt vorantreibt. Woran liegt der starke Anstieg?

Wir wollen Menschen einen Weg bieten, Momente in ihrem Leben festzuhalten und zu teilen. Video ist ein besonders immersiver und ausdrucksstarker Weg, das zu tun. Ich war beispielsweise kürzlich am Wochenende mit meinen Söhnen zelten. Ein Video von unserem Lagerfeuer, über dem wir Paella gekocht haben, hat das Erlebnis viel besser transportiert als ein bloßes Foto. Es ist ein qualitativ noch besserer Weg, Erlebnisse zu kommunizieren.

Haben Sie Beispiele von Marken, die diese Klaviatur besonders gut bedienen?

Als wir Video-Karussell Anzeigen gestartet haben, in denen Menschen drei bis fünf Videos hintereinander innerhalb einer Anzeige anschauen können, war einer unserer Launch-Partner AirBnb: Bei einer Wohnung in Paris sah man zuerst das Apartment, dann die Küche, dann das Restaurant im Erdgeschoß. Mein Favorit dabei war der Clip von einem sechsjährigen Jungen, der ein Croissant in Schokolade getunkt und dann gegessen hat. Für mich als Vater hat das unglaublich stark das Gefühl vermittelt, wie es wäre, selber dort mit meinen Kindern Urlaub zu machen. Das schwierigste für Marken ist es, die Fantasie von Menschen zu beflügeln. Wenn ihnen das gelingt, werden sie zu vielem bereit sein, um das Produkt oder den Service zu finden.

Instagram ist eine visuelle Plattform. Wenn es um Informationsreichtum und emotionalen Impact geht, erreicht Video die Herzen natürlich viel stärker als bloße Bilder. Wie können Marken das am besten einsetzen?

Wir haben gesehen, dass Fotos einen größeren Effekt für Marken auslösen als Text – und Videos wirken noch stärker als Bilder. Ein Karussell gemischter Formate hat nochmal eine höhere Werbewirkung. Wir empfehlen Marken, immer die Nutzungssituation zu berücksichtigen, wenn Menschen sich bei Facebook oder Instagram aufhalten. Da gibt es bedeutsame Unterschiede.

Können Sie die erläutern?

Facebook steht dafür, dass Menschen Neuigkeiten aus dem persönlichen Bereich erfahren oder teilen. Instagram dreht sich viel stärker um visuelle Inspiration für den Tag. Sie können das Interesse auf einer Plattform wecken, dann ein längeres informatives Format liefern und dann einen Call to Action setzen. Werbetreibende benutzen beide Plattformen für Brand- oder Direct-Response-Ziele und können bei beiden die gleichen Targeting- und Auslieferungsmechanismen einsetzen. Damit lässt sich ein Funnel abbilden und Sie können sequentielles Storytelling betreiben, Retargeting einsetzen. Wir haben mit Facebook und Instagram zwei der stärksten Plattformen im mobilen Bereich – in den USA verbringen Menschen beispielsweise eine von fünf Minuten mobiler Nutzung bei uns.

Ist Instagram dann der Startpunkt, um Aufmerksamkeit mit starken Motiven zu wecken und der informativere Teil folgt dann bei Facebook?

Wenn eine Marke etwa ein Video zu einem neuen Produktlaunch erstellt hat, dann kann sie Facebook und Instagram kombinieren, um die größte Reichweite zu erzielen. Das haben wir gerade rund um die Olympischen Spiele gesehen. Der andere Ansatz ist der sequentielle. Es heißt oft, Instagram wäre nicht die richtige Plattform für produktgetriebene Werbung oder Call-to-Action-Formate. Tatsache ist aber: Es funktioniert auch dafür hervorragend. Relevanz ist das entscheidende. Manche denken, sie können auf Instagram nur mit Sonnenuntergängen, Cafe Latte und Yogamatten punkten. Das spiegelt aber die Feeds der Nutzer und das, was sie sehen wollen, überhaupt nicht wider. Wirklich gut ausgesteuerte Anzeigen für Spiele oder Apps mit direktem Download-Link funktionieren sehr gut.

Was denken Sie über vertikale Videos? Wettbewerber setzen stark darauf, auch Facebook hat das Format jetzt angekündigt.

Viel von dem vorhandenen Material ist ja in 16:9, also Landscape-Format, produziert. Wir empfehlen Marken, zu testen. Landscape füllt den Bildschirm weniger aus als unser Format oder ein Porträtformat. Je mehr vom Bildschirm Sie füllen, umso immersiver wirkt das Video typischerweise. Wir haben Porträt-Video im Blick, bieten das Format aber noch nicht an. Im Stories-Bereich sehen Sie jetzt schon Marken, die viele Videos in diesem Format produzieren. Wir glauben, dass dieses aufkommende Format populär werden wird und behalten es im Auge.

Stories sah sehr von Snapchat inspiriert aus. Ist Wettbewerb hilfreich, um zu gewährleisten, dass die Entwickler und Produktteams am Ball bleiben?

Ja. Die Geschwindigkeit von Innovationen in diesem Segment ist toll. Wenn wir über Stories reden: Das ist ein Format geworden wie Hashtags oder Feeds. Deshalb haben wir den Namen übernommen. Wenn es Durchbrüche darin gibt, wie Menschen sich ausdrücken wollen, dann werden diese sehr schnell im Markt von anderen übernommen. Das großartige an Stories ist, es dabei nicht nur um die Highlights geht, sondern auch um die kleinen Momente zwischendurch. Wettbewerb ist auch sehr gut, gerade für Marketer.

Wie schwierig ist es, Marken und Werber dabei zu halten, dass sie sich Mühe mit der Werbung geben? Gerade im digitalen Bereich sehen wir oft, dass sie sich für simple Wege entscheiden.

Nun, wir haben ein gemeinsames Interesse: Gute Performance. Im Lauf der Zeit sehen Sie recht deutlich, was funktioniert und was nicht. Natürlich gibt es Phasen, in denen neue Formate besonders attraktiv erscheinen und viel Budget aus PR-Gründen ausgegeben wird, ohne dass die Performance streng gemessen wird. Aber langfristig ist das anders: Zum anderen arbeiten wir eng mit den Kreativagenturen zusammen. Wir möchten, dass sie ihre Assets auf dem Handy erstellen. Nicht nur der Dreh, auch das Schneiden. Sie müssen aus dem Kopf kriegen, dass ein Video sechs Monate Produktion braucht, Dreh irgendwo on Location sein muss und so weiter. Und einige sind wirklich auf Zack: Eine Agentur hat an dem Tag, an dem wir Stories vorgestellt haben, schon die ersten neun Clips aus bestehendem Material geschnitten.


Autor: Ralph-Bernhard Pfister

Ralph Pfister ist Koordinator am Desk der W&V. Wenn er nicht gerade koordiniert, schreibt er hauptsächlich über digitales Marketing, digitale Themen und Branchen wie Telekommunikation und Unterhaltungselektronik. Sein Kaffeekonsum lässt sich nur in industriellen Mengen fassen. Für seine Bücher- und Comicbestände gilt das noch nicht ganz – aber er arbeitet dran.