"An dieser Stelle muss aber auch darauf hingewiesen werden, dass viele Kunden gerade im Bereich Performance Display ganz bewusst auf jegliche Art der Qualitätssicherung zu Gunsten eines vermeintlich guten Abverkaufs-Ergebnisses (CPO) verzichten. Vor allem im Bereich Programmatic Advertising arbeiten viele Kunden ohne jegliche Reichweiteneinschränkung. Da ist es nicht verwunderlich, wenn Anbieter hier alle Möglichkeiten ausschöpfen, extrem günstigen Traffic bereit zu stellen. Ein Kunde, der Wert auf Qualität legt und auch bereit ist, dafür einen höheren TKP in Kauf zu nehmen, kann die oben genannten Phänomene wie Ad Fraud und Non-Human Traffic schon heute weitgehend ausschließen."  

"Nichts, womit wir im Bereich Programmatic Advertising zu kämpfen haben, ist wirklich neu", konstatiert Bscheid. Daher kann er das Programmatic-Advertising-Bashing des OWM nicht teilen. "Auch in diesem Punkt ist es weniger das Thema Programmatic Advertising an sich, das Probleme bereitet, sondern vielmehr der jeweilige Umgang damit." Der Wunsch nach Transparenz taucht außerdem nicht zum ersten Mal auf: Auch beim Affiliate Marketing und der Drittvermarktung wird die vermeintliche Intransparenz beklagt.

Bscheid sieht hingegen auch die Auftraggeber in der Verantwortung - und seine Branche, die Mediaagenturen:

"Vielleicht liegt es aber auch daran, dass einige Kunden dem Heilsversprechen von Programmatic Advertising blind folgen, ohne einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Und vielleicht ist das ein bisschen typisch für unsere Zeit. Die Angebote werden immer komplexer und technisch anspruchsvoller. Da ist es nicht immer leicht, exakt zu verstehen, was sich hinter Begriffen (RTA; RTB, DSP, SSP, etc) verbirgt. Aber genau hier setzt die Funktion einer guten und seriösen Mediaagentur an. Dem Kunden neue Möglichkeiten zu eröffnen, ihm aber gleichzeitig aufzuzeigen, welche Risiken sich dabei ergeben können. Wer so vorgeht, wird speziell durch Programmatic Advertising mit Sicherheit neue Möglichkeiten zur Optimierung der Marketingkommunikation erschließen können"

In Sachen Transparenz bei der Verwendung von Kampagnendaten sieht Bscheid vor allem eine Veränderung bei den Kunden - die vermutlich auf eine ebensolche in der öffentlichen Wahrnehmung zurückgeht. "War es noch vor nicht allzu langer Zeit vielen Kunden egal, wer (z.B. über ihre Re-Targeting Kampagnen) Zugriff auf ihre Daten hat, so hat sich die Situation heute deutlich geändert. Und trotzdem steht bei einem Großteil der Kunden immer noch Performance vor Datensicherheit." Es sei zwar aufgrund des Zusammenspiels unterschiedlicher Dienstleister und Systeme sehr aufwendig, technisch eine 100-prozentige Sicherheit der eigenen Daten zu gewährleisten. Wenn der Kunde allerdings die Datensicherheit entsprechend hoch priorisiere und bereit sei, dafür gewisse Einschränkungen bzw. zusätzliche Kosten in Kauf zu nehmen, sei ein weitgehend sicherer Rahmen schon jetzt machbar. 

Das Thema Adblocker nervt Bscheid ebenso wie die OWM. "User, die einen Adblocker nutzen, bieten keinerlei Nutzen für Sitebetreiber und Vermarkter. Aus unserer Sicht gibt es derzeit eigentlich nur eine Ursache, warum Medien nicht den vom OWM geforderten Schritt gehen (den Nutzern klarzumachen, dass ihre Angebote werbefinanziert sind, Anm. der. Red.). Sie haben schlicht Angst davor, über eine entsprechende Initiative noch mehr User auf das Thema aufmerksam zu machen und damit gleichzeitig die Adblocker-Nutzung zu erhöhen. Am Ende wird es aber keine andere Möglichkeit geben, als den User vor die Entscheidung zu stellen, entweder Inhalte inkl. der entsprechenden Werbung, die zu deren Finanzierung dient zu akzeptieren oder sich andere Plattformen zu suchen. Ich hoffe, Vermarkter stellen sich sehr bald dieser Situation."


Annette Mattgey, Redakteurin
Autor: Annette Mattgey

Seit 2000 im Verlag, ist Annette Mattgey (fast) nichts fremd aus der Marketing- und Online-Ecke. Als Head of Current Content sorgt sie für aktuelle Geschichten, Kommentare und Kampagnen auf wuv.de. Außerdem verantwortet sie das Themengebiet People & Skills.