Smalltalk: Die Kunst des kleinen Gesprächs
In beruflicher Hinsicht gilt der Smalltalk als Zeichen von sozialer Kompetenz und wer ihn beherrscht, empfiehlt sich durch seine Plauderei mit Kunden und Vorgesetzten für weitere Karriereschritte, betont Carolin Lüdemann.
„Sei ernsthaft, bescheiden, höflich, ruhig, wahrhaftig. Rede nicht zuviel. Und nie von Dingen, wovon Du nichts weißt.“ Adolph Freiherr Knigge (1752-1796), deutscher Schriftsteller
Wer sich unterhalten kann, ist im Vorteil. In beruflicher Hinsicht gilt der Smalltalk als Zeichen von sozialer Kompetenz und wer ihn beherrscht, empfiehlt sich durch seine Plauderei mit Kunden und Vorgesetzten für weitere Karriereschritte. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Smalltalk nur Mittel zum Zweck sein sollte oder gar eine Anbiederung ist, um möglichst schnell Karriere machen zu können. Er ist Bestandteil erfolgreicher Berufswege, weil er Menschen auszeichnet, die auf andere zugehen und Sympathien wecken können – und das ist heutzutage eine Fähigkeit, die in fast jedem Job gefragt ist und die einem auch sonst das Leben erleichtert.
Wie Du mir, so ich Dir...
Nähern wir uns dem Thema mit einer ungewöhnlichen Fragestellung: was passiert, wenn Sie an Freunde, Bekannte und Verwandte zu Weihnachten Weihnachtskarten versenden würden? Werden Sie von den Empfängern ebenfalls mit Weihnachtsgrüßen bedacht? Sehr wahrscheinlich schon! Der Grund hierfür liegt im so genannten „Reziprozitätsprinzip“. Dieses besagt, dass wir uns für Gefälligkeiten, für Geschenke und anderer Aufmerksamkeiten erkenntlich zeigen möchten. Es ist uns unangenehm, uns jemandem verpflichtet zu fühlen und wir sind motiviert, dagegen etwas zu unternehmen. Man könnte auch sagen: tief in uns drin herrscht der Wunsch nach Gleichgewicht. Haben wir etwas von jemandem bekommen, so möchten wir etwas zurückgeben.
Beim Smalltalk zeigt sich das Reziprozitätsprinzip – und der damit verbundene Wunsch nach Gleichgewicht – in guter, und manchmal leider auch in ungünstiger Hinsicht. Treffen Sie einen Bekannten und fragen ihn „Wie geht es Dir?“, so antwortet der Gegenüber oftmals wortkarg mit „Danke, gut. Und Dir?“. Sie antworten dann vermutlich einsilbig „Danke, gut“. Dieses Gespräch befindet sich ebenfalls im Gleichgewicht – aber in sehr knapper Hinsicht. Und nun stehen wir vor einem Problem: Wir wissen nicht, wie das Smalltalk Gespräch jetzt weitergehen soll. Händeringend suchen wir nach einem neuen Thema und es wird uns nichts anderes übrig bleiben als einen großen thematischen Sprung zu wagen – die Fragen nach dem Wohlbefinden haben nicht automatisch zu neuem Gesprächsstoff geführt.
Sie können sich das Leben deutlich erleichtern, wenn Sie den anderen im positiven Sinne dazu zwingen, einen größeren Gesprächsbeitrag zu leisten. Das könnte folgendermaßen aussehen: Sie treffen den Bekannten und dieser fragt „Wie geht es Dir?“. Sie antworten nun nicht nur mit „Danke, gut. Und selbst?“, sondern erzählen ausführlicher: „Danke, sehr gut. Wir sind gerade erst gestern aus dem Urlaub zurückgekommen. Wir sind auch dieses Jahr wieder in die Toskana gefahren... schönes Wetter, gutes Essen, fantastischen Wein, schöne Städte und genügend Muße, um die Seele baumeln zu lassen.... Aber sag, wie geht’s Dir? Wir haben uns ja jetzt bestimmt schon ein, zwei Monate nicht mehr gesehen, oder?“
Glauben Sie, dass Ihr Gegenüber nun wortkarg mit „Danke, gut.“ antworten wird? Ich nicht… denn dann käme er sich wohl ziemlich schäbig vor. Durch Ihre ausführliche Antwort haben Sie den Bekannten in Zugzwang gebracht. Tief in ihm herrscht der Wunsch nach Gleichgewicht – dem Prinzip der Reziprozität kann sich so leicht nämlich niemand entziehen....
Viel Spaß beim Plaudern!
Business-Coach und Trainerin Carolin Lüdemann unterstützt Menschen und Organisationen dabei, souverän aufzutreten und ihre Wirkung auf Mitmenschen signifikant zu erhöhen. An ihren Vorträgen und Seminaren nehmen Top-Manager sowie High Potentials aus Industrie, Beratung und Verbänden teil. Sie ist Mitglied des Deutschen Knigge-Rats und mehrfache Buchautorin. Der TV-Sender Sat.1 bezeichnet sie als „eine der gefragtesten Karriereberaterinnen Deutschlands“. Lüdemanns neues Buch "Little Black Book Knigge: Von letzten Keksen, zu vielen Gabeln und der Schlacht am Buffet" ist im November im Wiley-Verlag erschienen.
Kontakt: kontakt@carolin-luedemann.de; www.carolin-luedemann.de