Hans Neubert zum Ende der MCAD:
Wer braucht schon Nachwuchs?
Am Dienstag wird die Münchner Kreativ-Initiative MCAD zu Grabe getragen. Weil Agenturen ihren Nachwuchs lieber Überstunden schieben lassen als Fortbildung am Abend zu ermöglichen. Ein Rant von Sassenbach-Partner Hans Neubert.
Seit 2005 gab es die "Masterclass Artdirection" MCAD. Gegründet und geleitet wurde sie von der Werbelegende Feico Derschow, dem hochdekorierten Kreativen und Ehrenmitglied des Art Directors Club für Deutschland (ADC) sowie renommierten Mitstreitern wie Norbert Herold, Markus Rasp oder Thomas Pakull.
Das Prinzip war einfach: Erfahrene Gestalter, Werber und Kreativhandwerker gaben ihr Wissen aus der eigenen Berufspraxis weiter an den Nachwuchs, viermal pro Woche nach Feierabend. Ehrenamtlich, mit großem Engagement und mit dem ehrlichen Bemühen, das über Jahre und Jahrzehnte gesammelte Können der nächsten Generation anzubieten. Jede Masterclass erstreckte sich über mehrere Monate, das Feedback der insgesamt 209 Teilnehmer war durchweg positiv bis euphorisch.
Klar ist: Die MCAD bediente immer eine kleine, feine Nische. Doch die bis zu 15 Teilnehmer pro Masterclass zeigten auch, dass ihr hochwertiges Angebot an Weiterbildung durchaus nachgefragt wurde, wenn... tja, wenn die Arbeitgeber mitspielten. Und hier wird die ganze Geschichte erstaunlich: Denn die MCAD ist tatsächlich vor allem daran gescheitert, dass die Arbeitgeber, sprich Agenturen, ihre Nachwuchskräfte immer seltener anmeldeten.
Und, noch erstaunlicher: Daran, dass die Agenturen oftmals nicht bereit waren, ihren Nachwuchs für wenige Wochen im Jahr schon um 18 Uhr 30 aus der Arbeit zu lassen, um sich ab 19 Uhr in der MCAD fortzubilden. Unfassbar. Lesen Sie diesen Absatz gern nochmal, wenn Sie es nicht glauben können.
Eine Chance zur soliden Weiterbildung und Förderung von Nachwuchskräften wurde also der kurzfristigen Gewinnmaximierung durch Überstunden geopfert. Und das dem Vernehmen nach vor allem von besonders großen und renommierten Münchener Agenturen – wir brauchen wohl keine Namen zu nennen. Zuletzt versuchte Derschow deshalb noch, das Angebot der MCAD auf kompakte Einheiten von Freitag bis Sonntag zu komprimieren, doch die organisatorischen Hürden für eine solche Lösung entpuppten sich am Ende als unüberwindbar.
Fassen wir zusammen: Ein hochkarätig besetztes Bildungsangebot scheitert an denen, die am meisten davon profitieren würden: den Agenturen. Sie schaden damit dem eigenen Nachwuchs, dem Standort München, vor allem aber natürlich sich selbst. Und sie schlagen all denen ins Gesicht, die sich jahrelang unentgeltlich in ihrer Freizeit mit viel Herzblut und Engagement um den Nachwuchs verdient gemacht haben. Das ist sehr traurig. Vor allem aber ist es sehr dumm.
Unsere Reaktion bei Sassenbach Advertising steht bereits fest: Wir werden die Zahl der Azubis von 1 auf 3 erhöhen. Und unser bereits bestehendes internes Fortbildungsprogramm noch stärker ausbauen. Jetzt erst recht.
Text: Hans Neubert