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TV-Ferienprogramm: Der große Sonnenstich
Draußen: Sahara-Hitze. Im Fernsehen: Sommer-Programm. Wer reinzappt und noch keinen Sonnenstich hatte, der bekommt ähnliche Symptome. Denn selten ist dem Zuschauer ein dämlicheres Programm vorgesetzt worden, findet W&V-Redakteur Sebastian Feuß.
Dass man sich von dieser Sahara-Hitze auch mal irgendwann erholen muss, das können die Fernsehsender gnadenlos ausnutzen. Und daneben setzen sie natürlich auch noch knallhart auf jene, die sowieso immer drin sind und sich eigentlich auch von nichts erholen müssen. Was für ein perfides Business aber auch.
Sei‘s drum: Jedenfalls gibt es auch im Sommer Fernsehzuschauer. Und denen muss man schließlich irgendwas zeigen. Meistens sind das Wiederholungen. Aber die Sender wären nicht die Sender, wenn sie uns Zuschauern nicht auch in diesem Sommer wieder ein hübsches, kleines Ferienprogramm mit ein paar neuen Formaten zusammengeklöppelt hätten.
Und was soll man sagen? Nun, wer in das Programm zappt und noch keinen Sonnenstich hatte, der bekommt ähnliche Symptome: Kopfschmerzen, Ohrensausen, Würgereiz. Selten ist dem Zuschauer, man muss es einfach so deutlich sagen, ein so dämliches Programm vorgesetzt worden. Stellvertretend für all die vielen Sommer-Sendestunden seien nur zwei Formate genannt, die an Peinlichkeit, Einfallslosigkeit, Lustlosigkeit und Bräsigkeit kaum zu übertreffen sind:
Beispiel 1: „Wild Girls – Auf High Heels durch Afrika“
RTL lässt in diesem Reality-Format zwölf so genannte "It-Girls" durch die namibische Wüste stöckeln. Im Camp dabei war die versammelte Durchreich-Ware des deutschen Fernsehens: Ex-Big-Brother Teilnehmerinnen wie Kader Loth und Ingrid Pavic, oder Dschungel-Zicke Sarah Knappik. Selbst wer es wirklich versucht hat, der scheiterte daran, den Botox-Brüste-Wettbewerben wie Eselrennen, Dünensurfen oder Ziegeneinfangen irgendeinen Unterhaltungsfaktor beizumessen. Zudem muss man nicht den Bildungsbürger raushängen lassen, um festzustellen: Wie klischeebehaftet RTL und die Produktionsfirma UFA Entertainment die einheimische Kultur der Himba darstellen, ist einfach nur erbärmlich.
Beispiel 2: „Flirten, Daten, Lieben“
Was wäre das deutsche TV nur ohne Erika Berger? Sie ist die Sex-Tante der Nation. Und nachdem sie zuletzt in Online-Horoskope gemacht hat, darf sie jetzt mal wieder ins Fernsehen. „Flirten, Daten, Lieben“ heißt das Coaching-Format, in dem sie als Liebesberaterin ihren Dienst am real existierenden Kandidaten verrichtet. Sat.1 hat es am vergangenen Samstagvorabend erstmals gezeigt. Gleich in einer Doppelfolge. Meist ist das kein gutes Zeichen. Meist heißt das: Wir versenden das lieber gleich mal, bevor es noch jemandem auffällt. Auch „Flirten, Daten, Lieben“ bildet da leider keine Ausnahme von der Regel. Denn da wurden sie wieder alle ausgestellt, all die Beziehungsgestörten, die über glühende Kohlen laufen müssen oder von einem Hochhaus herunter ihre Verletzlichkeit auf den Berliner Alexanderplatz rausschreien sollen. Auf diese Weise therapiert, haben sie dann ein Date, das sie gleich mal nach sexuellen Vorlieben befragen.
„Wild Girls“ und „Flirten, Daten, Lieben“ - es sind nur zwei Beispiele für das Ferienprogramm, das uns die Sender vorsetzen, von dem sie meinen, es träfe unseren Geschmack. Liebe Sender, das tut es nicht! Beispiel „Wild Girls“: Im Gesamtpublikum hatte das Format gern mal nur einen einstelligen Marktanteil, bei den Werberelevanten war er meist gerade noch zweistellig. Und Beispiel „Flirten, Daten, Lieben“: Folge eins hatte gerade mal 7,4 Prozent in der Zielgruppe, Folge zwei dann sogar nur noch auf 6,6 Prozent.
Wenn den Sendern ihr Ferienprogramm also etwas gebracht hat, dann schlechte Quoten, Image-Schäden und ein weiteres Aushöhlen ihres Markenkerns - wie auch immer der mal ausgesehen haben mag. Dass sie solche Formate auf die Zuschauer loslassen, zeigt nur, dass sich die Sender nicht mehr selbst definieren können.