Wie dem Chefredakteur der Neuen Zürcher Zeitung, Eric Gujer. Er beschwerte sich über die gebührenfinanzierte Konkurrenz im Internet, ein Argument, das in Deutschland auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) anführt. Gujer lehnte dennoch das "Alles oder Nichts" der No-Billag-Initiative ab, wie er vor der Abstimmung erklärte. Billag heißt die Firma, die die Gebühren einzieht. Vielmehr will er wie viele Kritiker einen deutlich schlankeren und günstigeren gebührenfinanzierten Rundfunk.

Unter dem Druck der anstehenden Abstimmung hatte die Regierung schon eine Gebührenreduzierung von 451 auf 365 Franken (316 Euro) ab 2019 angekündigt. In Deutschland liegt der Beitrag bei 210 Euro im Jahr.

In Deutschland wird gemeckert

Die Abstimmung in der Schweiz hat auch hier die Debatte über die öffentlich-rechtlichen Sender befeuert. Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt wie bei den Nachbarn auch in Deutschland nicht zuletzt aus dem rechten Parteienspektrum. Die AfD wirft ARD und ZDF tendenziöse Berichterstattung vor, bei Themen wie der Migration, aber auch über die Partei selbst. Das Modell des gebührenfinanzierten Rundfunks stamme aus einer längst überholten Zeit. Im Zeitalter des Internets müssten Bürger selbst entscheiden dürfen, für welche Medieninhalte sie zahlen wollten.

In Deutschland sprachen sich bei einer Umfrage für die Zeitungen der Funke Mediengruppe 39 Prozent der Befragten für eine Abschaffung von ARD und ZDF aus. Rund 55 Prozent waren dagegen. Die Bild am Sonntag ließ erheben, dass 64 Prozent der Deutschen gern über Rundfunkgebühren abstimmen würden. Das deutsche Grundgesetz lässt aber Volksabstimmungen auf Bundesebene nicht zu.

"Wenn es um die Öffentlich-Rechtlichen geht, hat bei Umfragen jeder etwas zu meckern", sagte Politikwissenschaftler Patrick Emmenegger von der Universität St. Gallen der Deutschen Presse-Agentur. "Dann wird aber vielen schnell klar, dass eine Abschaffung keine gute Idee ist. Sie schauen die Tagesschau mit ihrem Qualitätsstandard doch lieber als Nachrichtensendungen von privaten Anbietern."

Zum Ausgang der Schweizer Volksabstimmung äußert sich der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm, erleichtert: "Dieses eindeutige Bekenntnis für den 'Service public' mit seiner hochwertigen, regional vielfältigen Grundversorgung ist ein wichtiges Signal für unabhängigen Qualitätsjournalismus auch über die Schweiz hinaus." Wilhelm nennt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk "eine Klammer für den gesellschaftlichen Zusammenhalt". Er garantiere allen Menschen Zugang zu umfassenden Angeboten. Allein dem Markt überlassen könne man Informationsqualität nicht, sagt der ARD-Vorsitzende: "Mit einer Vielzahl an Marktlösungen und Bezahlmodellen wird es nicht gelingen, für die unterschiedlichsten Interessen ein so breites Gesamtpaket in dieser Qualität und regionalen Vielfalt zu liefern." 

Der Intendant des ZDF Thomas Bellut freut sich ebenfalls über den Ausgang der Abstimmung;  die Schweizer hätten damit "ein Zeichen gesetzt und deutlich gemacht, welche Bedeutung der öffentlich-rechtliche Rundfunk für eine pluralistische Gesellschaft hat." Dass sich öffentlich-rechtliche Sender auch in Deutschland "immer wieder einer Legitimationsdebatte stellen" müssen, sei richtig, ARD und ZDF müssten "um die Akzeptanz bei den Beitragszahlern kämpfen." Das Ergebnis der Schweizer Abstimmung sieht Bellut in diesem Zusammenhang als "ermutigendes Signal".   

Auch der Indendant des Deutschlandradios, Stefan Raue, hat sich zu Wort gemeldet.

In letzten Umfragen war das Ergebnis der Schweizer Abstimmung über die Rundfunkgebühren weit weniger deutlich ausgefallen. "Zu Beginn des Abstimmungskampfes hatten die Zeichen gar auf ein mögliches Ja gedeutet", berichtet die Schweizer Werbewoche. (sh/dpa)
 


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