Wichmann präzisiert später seine Kritik. Lässt sich sein erster Kommentar ("dass wir als ein in Hamburg produziertes Nachrichtenmagazin an dem Wochenende, an dem sich vor unserer Redaktion die Bedeutung von Politik und Gesellschaft in seiner krassesten und erklärungsbedürftigsten Form entfaltete, dieses Titelthema als das wichtigste Titelthema dieses Wochenendes erachtet haben") noch so auslegen, dass Wichmann die aktuelle Berichterstattung zu Gipfel und Krawallen fehle - was, wie er als Blattmacher weiß, natürlich ein Print-Wochentitel in der Form nicht leisten kann - erläutert er einige Stunden später: "Von einer Forderung, das gestern Geschehene heute abzubilden, war auch nie die Rede. Von der Erwartung, einen Titel zu setzen, der mit dem allgegenwärtigen Themenspektrum dieses Wochenende auch nur ansatzweise etwas zu tun hat, sehr wohl." Wichmann hätte sich für Trudeau als Titelmotiv entschieden, schreibt er. Ein Interview mit dem kanadischen Premier ist ebenso wie weitere G20-Themen in der "Spiegel" Ausgabe vom 8. Juli enthalten.

Der frühere G+J-Manager und Digitaler Oliver von Wersch schreibt, Nachrichtenmagazine "braucht doch langfristig niemand mehr". Und weist auf die Bedeutung der digitalen Kanäle hin.

Mit dem "Spiegel"-Chef vom Dienst Janko Tietz diskutiert Wichmann daraufhin via Facebook über die digitale und analoge Relevanz der Marke "Spiegel". Tietz weist einen Widerspruch in Wichmanns Argumenten nach.

Interessant ist auch, was der "Spiegel"-Kritiker nicht erwähnt: die Titel der weiteren Nachrichtenmagazine beziehungsweise des aktuellen Magazins "Stern" (erschienen am 6. Juli). Keines der beiden Hefte hob den Hamburger Gipfel aufs aktuelle Cover. Der "Stern" hatte sich schon in der Woche davor um das Thema "Festung Hamburg" gekümmert, der "Spiegel" die Ausgaben 27 und 25 dem G20 gewidmet. Und nach den Ereignissen des vergangenen Wochenendes wird das Thema die Magazine wohl auch diese Woche beschäftigen.


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.