Prominente Preisträger

Zum 25. Mal ehrt Karlheinz Kögel, Mister Media Control und Gründer von Last-Minute-Anbieter L'Tur und Nix-wie-weg, Zitat, „herausragende Persönlichkeiten mit dem Deutschen Medienpreis“. Kögel, dessen Vermögen auf 250 Millionen Euro geschätzt wird, gönnte sich teure, hoch dotierte oder – sagen wir – wertvolle Preisträger, etwa Dalai Lama (2008), Nelson Mandela (1998) oder Kofi Annan (2003). Auch Angela Merkel (2009), Gerhard Schröder (2000) und Helmut Kohl (1993) holten sich den Preis schon ab, Bill und Hillary Clinton (1999 und 2004) sowie ein paar Sportler und Schauspieler. Und jetzt Barack Obama. Rund 400.000 Euro kann es kosten, Obama als Redner zu buchen, damit finanziert er auch eine Stiftung, die für Demokratie werben soll. Weltweit.

Sicherheitsstufe 1

Die Absperrung um das Kongresshaus herum, lächerlich. Vorne, am Augustaplatz, ein paar Sperrgitter, dahinter, in Richtung „Gönneranlage“, wie der Park hier bezeichnenderweise genannt wird, keinerlei sichtbaren Sicherheitshinweise, bis auf zwei, drei Polizisten.

Einlass 17.30 Uhr. „Secret Service und BKA haben uns strenge Einlasskontrollen auferlegt und es herrscht Sicherheitsstufe 1“, heißt es warnend in der Einladung. „Falls Sie mit Fahrer kommen, benötigen Sie eine Durchfahrtsgenehmigung“ – mit Fahrernamen, dessen Geburtsdatum, Geburtsort, und so weiter. 600 Gäste dürfen die Preisverleihung miterleben, darunter wurden ganz bewusst etliche Schüler und Studenten eingeladen.

Am Eingang: Ausweiskontrolle. Mehr nicht. Keine durchsuchten Taschen, nichts. Rund 100 Gäste plus Begleitung aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien sind beim Begrüßungsempfang dabei – und nach der Show im angrenzenden Restaurant Medici eingeladen, das auch Karlheinz Kögel gehört.

Zwei Etagen müssen die Gäste nach unten schreiten, auf einem roten Teppich, vorbei an 200 akkreditierten Journalisten. Und die haben viel Futter für die Linse: einen Bundestrainer Jogi Löw, eine äußerst sympathische Schauspielerin Sibel Kekilli, eine entspannte Ex-Eiskönigin Katarina Witt, ein Model Toni Garn, zig TV-Gesichter wie Günther Jauch, Johannes B. Kerner, Wolfram Kons, Peter Kloeppel oder Katja Burkard. Das Medienfachpersonal formiert sich unabgestimmt vor dem Eingang in den Kongresssaal, darunter Antenne-Bayerns neue Programmchefin Ina Tenz mit Béla Anda, der bei Bild in der Chefredaktion war und davor Regierungssprecher von Gerhard Schröder. Welt-N24-Mann Stefan Aust ist da, Stern-Chef Christian Krug, Burda-Life-Geschäftsführer Kay Labinsky und Sat-1-Frühstücksfernsehmacher Claus Strunz.

Im kinoartigen Saal herrscht freie Platzwahl. Die ersten beiden Reihen werden für die Mega-Prominenz freigehalten, darunter Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Boris Becker und Burda-Vorstand Philipp Welte.

Gaucks Konfirmationsrede

Um 19 Uhr dann geht es los. Ein hoch emotionaler Einspielfilm über Barack Obama. Vorne auf der Bühne eine Art Schreibtisch für drei Personen. Davor Blumenschmuck in Form der amerikanischen Flagge. Links sitzt Preisstifter Karlheinz Kögel, rechts der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck. Dahinter irritiert das Logo des Deutschen Medienpreises, denn hier steht das Jahr 2016 – nicht 2017. Aber so soll es sein.

Eine Lautsprecherdurchsage kündigt Barack Obama an. Das Publikum steht auf, klatscht, blickt nach hinten, um zu sehen, wie der Ex-Präsident durch die Türe schreitet – doch er kommt vorne links und geht sofort auf die Bühne, setzt sich zwischen Kögel und Gauck.

Es ist schon eine komische Mischung an Persönlichkeiten in diesem Raum. Von Andrea Berg über Wolfgang Porsche, die Medien-Juristen Matthias Prinz und Christian Scherz, bis hin zu Barack Obama.

Kögel liest sitzend lobende Worte mit einigen Anekdoten über Obama, Kretschmann quakt in aller Kürze freundliche Begrüßungsworte, Gauck laudatiert in einer väterlichen Manier, als halte er eine Familienrede über den 14-jährigen Konfirmanden Barack.

Dann, endlich, ist Barack dran, der all die Worte in stoischer Ruhe leicht grinsend hingenommen hat. Erst erhält er dieses bunte Preis-Ungetüm, eine Skulptur, die der in Deutschland lebende Künstler Roland Junker geschaffen hat und jedes Jahr neu gestaltet. Eine handgeformte, bemalte Keramikfigur auf einem blauen brasilianischen Marmorsockel. Was auch immer das bedeuten soll.

Auftritt Barack Obama

Obama dann am Pult. Er freut sich ob des Preises, allein schon wegen seiner Töchter, die ihm dann womöglich wieder mehr Respekt zollen würden. Denn zu Hause, da hätten ihm seine drei Damen nicht mehr viel Platz für seine Sachen gelassen. „Wie bei mir zu Hause“, bekennt im Publikum – ganz leise natürlich – der Star-Journalist Georg Mascolo.

40 Minuten lang spricht der Mann mit einer Aura, die das Publikum im Saal fesselt. Teile der Rede sind bekannt, auch vom Morgen beim Kirchentag in Berlin. Es ist eine Mischung aus inszeniert privater und politischer Rede. Mit vielen philosophischen Gedanken. Nicht „Why“ solle man sich fragen, sondern „Why not“. Es seien Millionen von Dingen, die er noch nicht getan habe – aber, wartet ab! Die gute alte Kaffeemaschine, mit deren Bedienung er sich nun anfreunden müsse, brachte er. Und er sprach über den Teppich im Oval Office, der mit Zitaten von vier ehemaligen Präsidenten versehen sei – und einem von Martin Luther King: „Der Bogen des moralischen Universums ist weit, aber er neigt sich zur Gerechtigkeit.“ Klar, das Publikum interpretierte dies als eine Anspielung auf Donald Trump. Ebenso diesen Satz: „Es geht nicht darum, ein Amt zu erreichen“, so Obama in etwa, „wenn man es erreicht hat, braucht man eine Vision, muss wissen, was man tun soll.“ Es komme auf das Tun an, nicht auf das Amt.

Zwei Schüler durften dann noch eine Frage stellen, eine Klosterschülerin wollte wissen, wie sie diese Welt zu einem besseren Ort machen könne. Obama holte tief Luft, blickte fiktiv auf seine Uhr, fragte, wie viel Zeit sie jetzt habe, legte ausführlich los, sprach über die Perspektiven der jungen Menschen in aller Welt, auch in der des Flüchtlingskindes, schwärmte von der Hoffnung, die im Idealismus der Jugend liege.

Lob für die Deutschen

Dem Verhalten der Deutschen sprach Obama dann noch ein besonderes Lob aus. Dass dieses Land sich so offen für Flüchtlinge zeige, das sei etwas, worauf man hier wirklich richtig stolz sein könne, sagte er. Ein bisschen wirkte er dabei wie ein Messias. Und doch behielt Obama immer Bodenhaftung.

Nach seinen Worten gab es frenetischen Beifall des Publikums. Der Gastgeber hatte sich noch eine Überraschung einfallen lassen: Auf der offiziellen Präsidenten-Playlist von Obama fand sich Aloe Blacc mit den Titeln „The Man“ und „Wake me up“, später von Avicii zermixt. Aloe Blacc, von einer Gitarre begleitet, füllte die Halle mit seiner warmen, vollen Stimme, auch Obama riss er mit, ja, das war eine gelungene Überraschung.

Im Restaurant Medici wurde weiter gefeiert. Auch hier herrschte freie Platzwahl, Barack Obamas Tisch allerdings wurde kontinuierlich von einer Traube von Gästen belagert. Der gute Mann kam definitiv nicht zum Genuss der Spezialitäten des Drei-Sterne-Kochs Harald Wohlfahrt. Um 21.59 Uhr brach Barack Obama auf, abermals umringt von zig wichtigen Menschen. Meter für Meter erkämpfte er sich über die Gartenterrasse, ließ Selfies über sich ergehen, ein Händeschütteln nach dem anderen, bis er mit einer Hand von Sicherheitsleuten über eine Brücke durch den Park verschwand, wo er völlig überraschten Kurgästen entgegenkam.

Die Party ging vor allem auf der Terrasse weiter, wo es ein BBQ gab und die United States Air Forces in Europe Band „Wings of Dixie“ spielte.

Dramatischer Unfall

Zu später Stunde dann noch ein Unfall: Andreas Fritzenkötter, Ex-Regierungssprecher von Helmut Kohl und später Pressesprecher des Bauer Verlags, stürzte drei Meter von der Terrasse nach unten und brach sich mehrere Halswirbel. Er hatte sich gerade mit Joachim Gauck und Katja Burkard unterhalten und an eine Brüstung gelehnt. Mit dem Hubschrauber wurde er zum Klinikum Ludwigshafen geflogen.


Autor: Jochen Kalka

ist jok. Und schon so lange Chefredakteur, dass er über fast jede Persönlichkeit der Branche eine Geschichte erzählen könnte. So drängt es ihn, stets selbst zu schreiben. Auf allen Kanälen.