Streit um Content-Klau:
Focus Online will Klage von Bild abschmettern
Artikel bei Bild Plus geklaut? Nein, meint Focus Online. "Branchenüblich" zitiert. Das Burda-Portal wehrt sich gegen Springers Klage - und argumentiert fast schon dreist.
Den Vorwurf des Artikel-Raubs und eine entsprechende Klage von "Bild" will Focus Online nicht auf sich sitzen lassen. Das Burda-Portal hat nach eigenen Angaben am Mittwoch beim Landgericht Köln die Klageerwiderung eingereicht und beantragt, die Klage des Springer-Titels vom 11. Januar "als unzulässig und unbegründet" abzuweisen.
Als Gründe fürs Abschmettern der Klage führt Focus Online an, die erhobenen Vorwürfe - "Artikelklau" und wettbewerbswidrigen Behinderung - entbehrten jeder Grundlage. Das offensichtliche Ziel der Klage sei es, "Informationen zu monopolisieren, die hinter der Paywall von Bild Plus veröffentlicht wurden, um sie besser vermarkten zu können", heißt es.
Ein fast schon dreister Vorwurf, zumal der Münchner Mitbewerber das gängige Geschäftsmodell hinter Paid Content als Zumutung für andere Medienschaffende darstellt.
Warum sich Focus Online am Pay-Modell Bild Plus reibt
Es widerspreche dem grundgesetzlich geschützten Recht der Informations- und Meinungsfreiheit, argumentieren die Münchner. Und weiter: "Das Zitieren und Weiterverarbeiten veröffentlichter Informationen ist für den gesellschaftlichen Kommunikations- und Meinungsbildungsprozess unverzichtbar."
Aus Inhalten fremder Medien zu zitieren und eigene Inhalte umgekehrt anderen anzubieten, sei "branchenüblich" und werde von der "Bild"-Gruppe täglich praktiziert, hält Focus Online Springer entgegen. Und führt das Zitateranking an, mit dem "Bild" sich für die Aufmerksamkeit feiere, die deren Artikel in anderen Medien erfahren.
Auch würden die in der Klage erhobenen Vorwürfe der eigenen Praxis widersprechen, so die Münchner weiter: Inhalte eines erheblichen Teils der hinter der Paywall von "Bild Plus" veröffentlichten Artikel würden nahezu zeitgleich auf frei zugänglichen Onlineangeboten der Springer-Familie publiziert, teilweise sogar vor Erscheinen im Bezahlangebot.
Warum "Bild" für Focus Online wichtig ist
Indes räumt Focus Online gegenüber dem Kläger "Bild" ein, dass es einen "Anteil von Artikeln mit Zitaten aus dieser Quelle" gebe. Dass zu den vielen Informationsquellen unter anderem auch die "Bild"-Medien zählen. Der Anteil von Artikeln mit Bezug auf diese "Informationsquellen" liegt demnach "bei weit unter einem Prozent" im ausgewerteten Zeitraum April bis Juli 2016.
Die Münchner mutmaßen nun, in der "Bild"-Klageschrift und der "begleitenden medialen Kampagne" solle der Eindruck erweckt werden, "das Angebot von Focus Online bestehe zu großen Teilen aus Kopien von Bild-Plus-Artikeln", heißt es.
Focus-Online-Chefredakteur Daniel Steil - vor seiner Zeit bei Focus Online bis 2011 "Bild"-Unterhaltungschef - spricht sogar von einer "kampagnenartigen Diskreditierung eines erfolgreichen Mitbewerbers". Fakt ist: Die beiden Nachrichtenangebote liefern sich nach Reichweiten im Netz immer wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen und gelten als harte Konkurrenten.
Was war vorgefallen?
Hintergrund: Der Springer-Verlag wollte sich im Januar nicht mehr bieten lassen, dass seine Paywall unterwandert wird. Seine Zeitung "Bild" klagte vor dem Landgericht Köln gegen Focus Online. Der Vorwurf: Systematisch würden exklusive Bild-Plus-Inhalte bei Focus Online kostenlos wiedergegeben.
Nachdem offenbar immer wieder Einzelfälle aufgefallen waren, hatte die Springer-Zeitung über mehrere Monate sämtliche exklusive Artikel des eigenen kostenpflichtigen Angebots mit den kostenlosen Inhalten von Focus Online abgeglichen. Nach diesen Recherchen würde Focus Online systematisch und oft schon unmittelbar nach der Erstveröffentlichung die exklusiven Bild-Plus-Geschichten auf der eigenen Homepage veröffentlichen, warf Springer dem Konkurrenten vor.
Dann klagte "Bild" auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz. Was sich Focus Online offensichtlich nicht bieten lassen will.