FremantleMedia wird die Inhalte auf zwei Wegen in den TV-Vertrieb bringen. Funktioniert eine Bewegtbildreihe im neuen Vertical gut, wird sie übernommen, womöglich erweitert und dann an die Fernsehsender gebracht. Die andere Variante sieht vor, die für die digitale Plattform entwickelten Ideen oder Shows zu nehmen und sie für das Fernsehen neu zu produzieren. In beiden Fällen ist gewährleistet, dass FremantleMedia die Reaktionen des potenziellen Publikums bereits kennt: Sie werden zuvor auf der neuen digitalen Food-Plattform getestet. FremantleMedia ist mehr als startbereit: "Wir haben bereits einige starke Idee, die schnell den Weg ins TV finden könnten", betont Keith Hindle, CEO der noch jungen US-FremantleMedia-Division "Digital and Branded Entertainment". Warum ein Food-Vertical (übrigens die neunte Sammelplattform von Vice)? Über zwei Jahre haben Vice und FremantleMedia die Zusammenarbeit geplant, irgendwann wurde der Bereich Essen ausgewählt. Vice ist hier kein unbeschriebenes Blatt: Die 1994 als Printtitel gestartete Medienmarke zählt den "Food-Bereich" auf Vice.com zur Nummer drei nach Zugriffszahlen. Für gestreamte Videos der Vice-Online-Serie "Munchies" stehen Haubenköche wie Anthony Bourdain vor den Töpfen.

Die Vice-FremantleMedia-Ehe ähnelt dem Vorgehen mancher Printtitel im Food-Bereich: Es wird gedruckt, was im Netz rege geteilt wird. So liegt etwa der einstige reine Blog "Sweet Paul" seit 2012 auch als Printtitel am Kiosk. Schöne Bildsprache, leckere Rezepte und kreative DIY-Ideen funktionieren – so heißt das Rezept in Heft und Web. Darüber hinaus empfehlen diverse Studien seit geraumer Zeit, dass sich TV stärker an den Bedürfnissen der Zuschauer ausrichten müsse. Sie zu kennen – dabei helfen Internet und Social Web.

Der Schulterschluss mit Vice ist klug gewählt: Die Vice-Welt mit ihrer Kernzielgruppe der 18- bis 35-Jährigen umfasst inzwischen ein kostenloses Printmagazin mit einer Auflage von weltweit 1,2 Millionen Exemplaren. Dazu gehören mehrere Online-Plattformen mit weltweit 4,5 Millionen Unique Usern, 600 Stunden Videoinhalten und TV-Programm, lizenziert bei 50 TV-Stationen weltweit. Nicht nur auf HBO sendet Vice nun regelmäßig. Auch "Spiegel", BBC oder das ZDF und viele andere kaufen Vice-Inhalte als Lizenzware, um sie auf ihren Plattformen zu zeigen. Vice kommt zudem auf mehr als fünf Millionen YouTube-Views in einer Woche. Zum Konzern gehören eine Inhouse-Werbeagentur, ein Musiklabel, eine Event-Agentur, Bücher und Kinofilme. Die Umsätze explodierten von 64 Millionen Euro (2010) auf 200 Millionen Euro im Jahr 2013, ein Viertel steuert das Geschäft mit TV-Lizenzen und Auftragsproduktionen bei. Wichtige Säulen sind auch das Agenturgeschäft und die Medienvermarktung. 


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.