Plattformregeln I. Zum Auftakt der Digitalkonferenz Republica hat sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für eine vernünftigere und zivilisiertere Debattenkultur im Internet ausgesprochen. Er frage sich, warum gerade die politischen Debatten, die er im Netz erlebe, "so oft dazu neigen, toxisch zu werden", sagte Steinmeier am Montag in seiner Eröffnungsrede in Berlin. "Wenn uns die Zukunft dieser Demokratie am Herzen liegt, dann müssen wir uns um die politische Debattenkultur im Netz gemeinsam kümmern." Er appellierte sowohl an die "starke Zivilgesellschaft" als auch an die Politik und vor allem an die Plattformen. "Solange die schnelle Lüge und die seriöse Nachricht, der überprüfte Fakt und die bloße Meinung, solange Vernunft und Hetze unterschiedslos nacheinander in Newsfeeds auftauchen, solange haben es Demagogen viel zu einfach." Steinmeier forderte "demokratische Regulierungen" und konkrete Maßnahmen: "Wir brauchen glasklare Herkunftssiegel für Informationen - und das vor allem, wenn es um politische Werbung geht." dpa

Plattformregeln II. Der Twitter-Account der Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli ist am Wochenende knapp einen Tag lang gesperrt worden. Eine Veröffentlichung von ihr, in der es um den Vornamen Mohammed ging, wurde als Verstoß gegen die Regeln der Internetplattform gewertet. Das Unternehmen schrieb an die SPD-Politikerin zur Begründung: "Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass dieser Tweet gegen die Twitter Regeln verstößt, insbesondere: Verstoß gegen unsere Regeln zum Veröffentlichen von irreführenden Informationen zu Wahlen. Du darfst keine Inhalte veröffentlichen, in denen falsche Informationen zu Wahlen oder zur Wahlregistrierung bereitgestellt werden." Mit dieser Begründung sind zuletzt auch die Accounts einiger anderer Twitter-Nutzer vorübergehend gesperrt worden.
Die Politikerin legte Einspruch gegen die Sperrung ihres Accounts durch Twitter ein. Am Sonntagnachmittag wurde er wieder freigegeben. Chebli sagte, eine Plattform müsse dafür sorgen, dass sich Menschen sicher fühlen könnten. Deshalb dürften sich nicht "offenbar falsch programmierte Maschinen um die Erkennung von Regelverstößen kümmern".
Außenminister Heiko Maas kann die Sperrung von Cheblis Account nicht nachvollziehen. "Angesichts der vielen geduldeten rassistischen Hass-Tweets irritiert die Entscheidung umso mehr", schrieb der SPD-Politiker bei Twitter. Nach Cheblis Angaben erreichte sie am Samstagabend gegen 18.00 Uhr die Sperrungsmeldung. Das Profil der Politikerin bei Twitter war allerdings weiter sichtbar, es wurde nicht gesperrt.
Twitter hatte Ende April eine neue Funktion zur Europawahl bereitgestellt: So können Nutzer jetzt wahlbezogene falsche und irreführende Informationen melden. Plattformen wie Twitter oder Facebook standen wiederholt in der Kritik, nicht genug gegen digitale Desinformation zu unternehmen. dpa

Hans Leyendecker. Der Investigativjournalist wird diese Woche 70. Und nutzt die sozialen Netzwerke nicht aktiv. Seine Redaktion bei der Süddeutschen Zeitung habe ihn zwar bei Twitter angemeldet, "aber ich mache da nichts. Ich glaube, ich habe Follower, aber die kriegen nichts von mir", sagte er der Deutschen Presse-Agentur kurz vor seinem 70. Geburtstag am 12. Mai. "Bei Facebook bin ich auch, aber ohne Foto. Und ich habe da nie was geschrieben."
Leyendecker hatte von der Flick-Affäre 1982 bis zu den Panama Papers 2016 über Jahrzehnte immer wieder mit seinen Enthüllungen die Republik aufgerüttelt. Er halte nichts davon, "wenn man die Welt auf 140 Zeichen verkürzt", betonte der Autor. Leyendecker berichtete fast zwei Jahrzehnte lang für den Spiegel, ab 1997 für die SZ. Dort baute er ein Investigativ-Ressort auf.
Leyendecker sagt: "Wenn mich junge Leute fragen, wie Recherche, wie Journalismus funktionieren, dann rede ich am ehesten über mein Versagen, daran kann man es am besten erklären." Und weiter: "Ich bin eine Mittelbegabung", sagt Leyendecker über sich selbst, "ein ganz guter Recherchierer und ein einigermaßen guter Schreiber." 2016 gab er die Ressortleitung bei der SZ ab. Ob es eine Rückkehr in den Journalismus gibt, hat er noch nicht entschieden. dpa

Radio NRW. Bündelt ab sofort ihre Digitalaktivitäten in der neu gegründeten Tochtergesellschaft Transistor mit Sitz in Düsseldorf. Die Geschäftsführung übernimmt Sven Thölen zusätzlich zu seiner Position als Geschäftsführer von Radio NRW. Digitalexperte Christopher Witte wird die operative Verantwortung als COO innehaben und bleibt Mitglied der Geschäftsleitung bei Radio NRW. Als 100-prozentige Tochter des Rahmenprogrammanbieters baut Transistor auf dem Privatradiogeschäft auf. Ziel ist es, die marktführende Reichweite aus dem UKW-Bereich zur Stärkung bestehender Erlösmodelle für den NRW-Lokalfunk zu nutzen und neue digitale Geschäftsfelder zu entwickeln. Zielsetzungen der Tochtergesellschaft sind die partnerschaftliche und dienstleistungsorientierte Unterstützung des NRW-Lokalfunks in der Digitalisierung und die Entwicklung neuer Erlösmodelle. Darüber hinaus würden das Produktportfolio und die Angebotsstruktur im Bereich Online-Audio/Audio-Entertainment erweitert.
"Die Gründung einer Tochtergesellschaft und die damit verbundene Bündelung unserer Digitalaktivitäten ist die ideale Form, um einerseits die großen Chancen der Audio-Entwicklungen für den Lokalfunk nutzbar zu machen und gleichzeitig die technischen und strukturellen Herausforderungen der digitalen Entwicklung möglichst effizient zu meistern", sagt Geschäftsführer Thölen. Unternehmen


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.