Auf jeden Fall nutzt Manager Vogel das Format, um zwischen verpfuschten Frühstückseiern, penibel gepackten Koffern, Promi-Events und Skiurlaub in Zermatt seinen Mandanten "Loddar" als immer noch gefragten Coach und Opfer der Medien ins rechte Licht zu rücken. Die Offerte für einen neuen Trainerjob ereilt Lothar Matthäus ausgerechnet auf der Skipiste. Und er muss zu den Verhandlungen an keinen geringeren Ort als nach Genf – klar, Lothar hat ja Stil, was er auch in seiner vollgestellten Budapester Wohnung zu demonstrieren versucht.

Die Produktion an sich glänzt nicht: zynische Off-Kommentare, alberne Fußballfeld-Grafiken, stets gleiche Kamera-Ausblendungen bei Konflikten zwischen Matthäus und seinem 32-jährigen, polnischen Unterwäschemodel Joanna rücken "Loddar" in kein besseres Licht. Immerhin: Joanna ist die hübsche Gestalt im ansonsten ereignislosen Spiel. Die erwarteten "Loddar"schen Verbal-Entgleisungen bleiben freilich nicht aus: Jugendfotos von ihm sind "noch nicht so stark mit dem Computer recherchiert" (er meint die Bild-Retusche). Er steckt auch nicht den "Sand in den Kopf". Und alles läuft überhaupt besser "wie" von vielen gedacht. Lebensweisheiten übersetzt er stets in plattes Fußballer-Deutsch - ein Gerhard Polt könnte ihn nicht besser persiflieren.

Kurzum: Matthäus wird seinen Erwartungen gerecht – auch in seiner Rolle als Sugardaddy der sanduhrförmigen Joanna, die jedem Klischee des Bunnies entspricht. Der "Macho" Matthäus sorgt dafür, dass die Dessous-Schönheit stets nur leicht bekleidet bei eisigen Temperaturen auftritt. Kurz scheint der "normale" Mensch durch: Wenn sich Lothar Matthäus über Fanpost freut und jeden Brief beantwortet. Auch bleibt er stets höflich und verliert selbst gegenüber hartnäckigen Fotografen nicht die Fassung. Aber der Privatmensch Matthäus präsentiert sich leider auch als Pedant, der den Teppich vor dem Aufzug auf Linie rückt, den Joghurt im Kühlschrank ausrichtet und darauf beharrt, dass seine Liebste unmittelbar nach der Ankunft im Hotel ihre Koffer nach seinen Vorstellungen auspackt. Werbepausen mit Spots für Reisen, Gleitgels und Waschmittel lassen tief blicken.

Fazit: Lothar Matthäus ist zu wenig schräg, sympathisch, sexy und charismatisch, zu pedantisch, zu eitel und im Prinzip auch zu wenig prominent, um Zuschauer echt fesseln zu können. Vox hat durchaus richtig gehandelt, "Lothar - immer am Ball" spät am Sonntag zu platzieren und die sechsteilige Reihe zum Format für Nachtaktive oder Festplattenanhänger zu machen. Wirklich hart muss für Matthäus sein, dass ihn ausgerechnet John Terry und Andrea Pirlo ausstechen, dass ihm ausgerechnet der geliebte Fußball die Show stiehlt: Er musste zum Auftakt gegen das Elfmeterschießen in der (spannenden) EM-Partie Italien gegen England ran. Nur 500.000 Zuschauer schalteten zum früheren Fußballnationalhelden bei Vox. Der Marktanteil beim Gesamtpublikum erreicht magere 2,8 Prozent, bei den 14- bis 49-Jährigen kaum bessere 3,4 Prozent.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.