Print bleibt trotzdem unter Druck. Ist die steigende Zahl der Launches wenigstens ein Zeichen dafür, dass die Industrie wieder Vertrauen in das Medium fasst?

Zumindest sieht es erstmals wieder so aus, als ob die Phrase "Print ist tot" beerdigt werden könnte. Natürlich geht es nicht allen Blättern gut. Aber auch für das digitale Business läuft es ja nicht nur glänzend. Mittlerweile ist es aber nicht mehr "entweder oder", sondern "zusammen" und "zusätzlich". Vom Erfolg von "Dr Oz - The Good Life", dem Magazin eines bekannten US-Fernseh-Arztes, haben Sie bereits erzählt.

Gibt es unter den Newcomern noch weitere Titel, denen Sie viel zutrauen?

"Porter", das Magazin der Online-Plattform Net-a-Porter, wurde von der Zielgruppe gut aufgenommen – zurecht, wie ich finde. Und auch "Closer" von Bauer kann funktionieren. Wer außer Bauer würde sich auch trauen, heutzutage in diesem Markt noch einen Wochentitel zu starten?

Einige US-Verlage gehen im Vertrieb neue Wege. So bietet Hearst die September-Ausgaben seiner Modeblätter "Elle", "Harper’s Bazaar" und "Marie Claire" mit Preisnachlass in einer "Fall fashion to-go Box" an, einem stabilen Tragekarton. Der Peopletitel "US" versucht, ältere Ausgaben im Umfeld aktueller Ausgaben anzubieten. Nur nette, aber aussichtslose Versuche?

Immerhin – sie probieren Neues aus. Und wir müssen Neues austesten, auch andere Wege im Verkauf. Die heutige Generation ist von schnellem Wechsel geprägt. Früher kaufte man sich vielleicht einmal im Leben ein neues Telefon. Wer heute nicht alle zwei Jahre ein neues Handy besitzt, wird als "alt" abgestempelt.

Sie reisen auch viel um die Welt und treffen dort auf neue Magazine. Sind Ihnen in jüngster Zeit hier herausragende Konzepte aufgefallen?

Eigentlich ist jede Zeitschrift mit einem "Neu"- oder "Erstausgabe"-Sticker für mich herausragend. Weltweit kommt täglich Neues, von Bauers "Retro" in Frankreich bis hin zum "National Geographic Traveller " in Australien … Ich bewundere die Blattmacher, die immer noch unerschütterlich an den Print-Markt glauben. Und es ist ja auch nach wie vor ein guter Markt. Der in der Gesellschaft auch nach wie vor eine Rolle spielt. Viele der großen Diskussionen, die in den USA zuletzt stattfanden, wurden von Print-Magazinen wie "Time" oder "Rolling Stone" angestoßen.

Was nichts daran ändert, dass die Verkäufe und Anzeigen weiter zurückgehen.

Aber das geschieht ja auch beispielsweise bei Apps und eBooks. Das Problem ist eigentlich nicht das Medium. Es sind wir selbst, das Publikum. Einige haben das Vertrauen in Print verloren und sich ohne großes Nachdenken in die Arme der verführerischen digitalen Geliebten gestürzt. So langsam, denke ich, wachen sie aber wieder auf und kehren zu ihrem treuen Print-Partner zurück. Und behandeln das Digitale künftig eher geschwisterlich.

Ein große Übersicht zur erstaunlichen Entwicklung auf dem US-Printmarkt finden Sie in Titelgeschichte der aktuellen Printausgabe der W&V (EVT: 25.08.). Abo?


Manuela Pauker
Autor: Manuela Pauker

ist bei W&V Themenverantwortliche für Media und Social Media; zwei Bereiche, die zunehmend zusammenwachsen. Die Welt der Influencer findet sie ebenso spannend wie Bewegtbild - als echter Serienjunkie ist sie sowohl im linearem TV als auch im Streaming-Angebot intensiv unterwegs. Ein echter Fan von Print wird sie aber trotzdem immer bleiben.